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Bis heute hält sich der Begriff Impingement- oder Schulterenge-Syndrom verbissen im Wortschatz der Mediziner. Von ÄrztInnen bis TherapeutInnen. Schon Anfang des vergangenen Jahres berichteten wir über die Fragwürdigkeit dieser Begriffswahl.
Da sich keine direkte Verbindung zwischen einer „Enge“ und Beschwerden feststellen lässt, sind Operationen plus Nachsorge meist wenig erfolgreich oder nicht erfolgreicher als konservative Therapie allein. Auch hierzu berichteten wir bereits mehrfach – zum Beispiel hier und hier.
Empfehlenswerter erscheint daher die Begrifflichkeit „SAPS – SubAcromial Pain Syndrome“.
Nun wird in den Artikeln zu den Studien häufig von „leitliniengerechter Therapie“ gesprochen. Doch was bedeutet das denn überhaupt? Und warum ist das überhaupt so wichtig? Diesen Fragen wollen wir uns in dieser mehrteiligen Beitragsserie widmen.
Leitlinienkonform
„Warum soll ich mich an Leitlinien halten? Ich therapiere doch seit Jahrzehnten sehr erfolgreich.“ Im gleichen Atemzug wird davon berichtet, wie "ineffektiv doch Operationen sind". Man solle doch lieber die TherapeutInnen besser bezahlen, anstatt für unnütze Operationen das Geld rauszuschmeißen.
Und genau da beginnt die Leitlinie. Eine Leitlinie betrachtet alle Therapiestrategien zu einem Krankheitsbild. Von der Chirurgie über aktive bis hin zu passiven Behandlungen. Aber auch über die Diagnosestellung, Risikofaktoren und Prävention wird berichtet.
Edukation – Aufklärung
Bereits hier ist es wichtig, dass der Begriff „Enge/Impingement“ vermieden wird.
PatientInnen sollten stattdessen darüber aufgeklärt werden, dass radiologisch sichtbare strukturelle Veränderungen keinen direkten Zusammenhang mit den Beschwerden haben müssen.
Außerdem sind psychosoziale Faktoren wie Katastrophisierung, Angst-Vermeidungsverhalten, aber auch private und berufliche Stressoren mit einem längeren Verlauf (>3 Monate) assoziiert.
Auch die Prognose dieses Syndroms sollte den betroffenen Personen klar aufgezeigt werden. Der übliche Verlauf bei der Mehrheit der Menschen mit SAPS erstreckt sich über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten. In einigen Fällen auch bis zu einem Jahr. Dies sollte allerdings in der Wortwahl nicht als Negativum dargestellt werden. Vielmehr dient es als Bestärkung. Sodass keine Verzweiflung aufkommen muss/sollte, wenn die Beschwerden etwas länger anhalten.
Es zeigt sich auch sehr häufig kein linearer Verlauf. Üblich ist hingegen ein wellenförmiges Auf und Ab der Symptome. Im Mittelwert ergibt sich aber eine konstante Verbesserung (Quelle).
Der wichtigste Faktor zur positiven Beeinflussung der Prognose scheint eine kontinuierliche Nutzung der jeweils aktuell verfügbaren Funktionen der Schulter zu sein. Ein ergänzend Krafttraining erhöht die Chance zusätzlich um durchschnittlich 66 Prozent.
Operationen sind das letzte Mittel der Wahl, wenn über einen Zeitraum von mehr als drei bis sechs Monaten keine Verbesserung einsetzt. Die Betonung liegt hier auf dem Wort „keine“. Wenn es nur minimale positive Veränderungen in der Funktion gibt, ist auch nach mehr als sechs Monaten von einer OP abzuraten.
Fazit - 1. Teil
Patienten benötigen eine saubere Aufklärung. Es bedarf dabei einer beruhigenden und sachlichen Wortwahl. Katastrophisierung sollte zwingend vermieden werden. Eine OP ist das absolut letzte Mittel der Wahl.
Die gesamte Reihe im Überblick
Teil 1 - Aufklärung
Teil 2 - Risikofaktoren und Vorbeugung
Teil 3 - Untersuchung, Bildgebung und Verlaufskontrolle
Teil 4 - Die Behandlung
Martin Römhild / physio.de
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