Zulassungserweiterung für besondere Maßnahmen der physikalischen Therapie

7. KG-ZNS nach PNF nach Vollendung des 18. Lebensjahres
[Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation (vormals Kabat)]

Die Krankengymnastik nach PNF dient der Bahnung von Bewegungen über die funktionelle Einheit von Nerv und Muskel. Die Bahnung lässt sich über exterozeptive Reize (z. B. über Haut, Auge, Gehör etc.) und propriozeptive Reize (z. B. über den Bewegungsapparat etc.) stimulieren.

Ziel der PNF-Behandlungsmethode ist die Koordinierung physiologischer Bewegungsabläufe, der Abbau pathologischer Bewegungsmuster, die Normalisierung des Muskeltonus, die Muskelkräftigung und Muskeldehnung. Die Behandlung erfolgt in Bewegungsmustern mit spezifischen Pattern und Techniken (rhythmische Bewegungseinleitung, dynamische Umkehr, Hal-ten/Entspannen, Agonistische Umkehr, Stretch, betonte Bewegungsfolge und rhythmische Stabilisation unter Anwendung von Reizen und Stimuli).

Die Krankengymnastik nach PNF wird bereits in der Ausbildung vermittelt und findet Anwendung in vielen Bereichen der Physiotherapie. Besonderer Stellenwert kommt ihr bei der Behandlung von nach Abschluss der Hirnreife erworbenen zentralen Bewegungsstörungen zu. Zur Behandlung dieser Patienten bedarf es gegenwärtig einer speziellen Weiterbildung, die gewährleistet, dass das gesamte PNF-Konzept vom Physiotherapeuten indikationsorientiert eingesetzt und angewendet wird.

Eine dreimonatige bzw. sechsmonatige Weiterbildung in Vallejo/USA wird der Weiterbildung in Krankengymnastik nach PNF entsprechend diesen Empfehlungen gleichgesetzt. Eine Anerkennung der Weiterbildung kann dann erfolgen, wenn ein von zwei anerkannten Fachlehrern für PNF (Anlage 7) unterschriebenes Zertifikat über die erfolgreiche Teilnahme an der Abschlussprüfung vorgelegt wird.

A) Eingangsvoraussetzungen für die Teilnehmer

Die Teilnehmer an der Weiterbildung müssen eine abgeschlossene Berufsausbildung als Physiotherapeut/Krankengymnast 1 sowie ein Jahr Berufserfahrung2  nach Abschluss der Ausbildung nachweisen.

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1 Es gilt das Datum des erfolgreichen Abschlusses der Berufsausbildung. Die Berufsausbildung ist erfolgreich abgeschlossen, wenn die Ausbildungsanforderungen (theoretischer und praktischer Unterricht, praktische Ausbildung und erfolgreiche Abschlussprüfung, vgl. § 9 des Masseur- und Physiotherapeutengesetzes -MPhG- vom 26. Mai 1994) erfüllt sind. Das Datum der Urkundenausstellung ist ohne Bedeutung. § 1 des Masseur- und Physiotherapeutengesetzes -MPhG-vom 26. Mai 1994 in Verbindung mit § 21 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten sind entsprechend anzuwenden.
2 Als anrechenbare Berufserfahrungszeiten gelten Tätigkeiten mit mindestens einem Umfang von 15 Wochenarbeitsstunden. Teilzeitbeschäftigungen werden entsprechend ihrer wöchentlichen Arbeitszeit berücksichtigt. 

B) Weiterbildungscurriculum

1. Dauer:

1.1 Die Mindestdauer der Weiterbildung umfasst 120 Unterrichtseinheiten (UE) 3 ; der Prüfungszeitraum ist nicht zu berücksichtigen.

1.2 Die tägliche Kursdauer darf zehn Unterrichtseinheiten nicht überschreiten.

1.3 Die Weiterbildung setzt sich aus einem Grund- und einem Aufbaukurs zusammen. Der Abstand zwischen diesen beiden Kursen sollte mindestens sechs Monate betragen.

1.4 Die Abschlussprüfung kann frühestens nach einem halben Jahr erfolgen. Die Weiterbildung sollte innerhalb von zwei Jahren abgeschlossen werden.

1.5 Die Weiterbildung ist abgeschlossen, wenn sämtliche Kurseinheiten durchlaufen und die Abschlussprüfung erfolgreich absolviert wurde.

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3 Die Dauer einer Unterrichtseinheit beträgt 45 Minuten. 

2. Inhalt:

2.1 Das Schwergewicht der Weiterbildung liegt auf der Vermittlung der praktischen, indikationsbezogenen Anwendung der PNF-Methode. Hierfür sind regelmäßige Patientendemonstrationen sowie eigene Patientenbehandlungen vorzusehen. Die Theorie wird praxisbegleitend vermittelt und umfasst zwischen 15% und 25% der Unterrichtseinheiten.

2.2 Die nachfolgend aufgeführten Lernziele sind dem Weiterbildungscurriculum zugrunde zu legen sowie die daraus folgenden Inhalte in einem Rahmenlehrplan zu fixieren.

Lernziele für die Weiterbildungen in Krankengymnastik nach PNF:

Ziel der Weiterbildung

Der Teilnehmer soll nach Abschluss der Weiterbildung in der Lage sein, die Krankengymnastik nach PNF bei der Behandlung von nach Abschluss der Hirnreife erworbenen zentralen Bewegungsstörungen eigenständig und zielgerichtet einzusetzen. Hierzu zählen:

Zentrale Störungen

  • Zustand nach Schädel-Hirntrauma
  • Zustand nach Apoplex
  • bei Multipler Sklerose
  • bei Funktionsstörungen durch fortgeschrittene Amyotrophische Lateralsklerose (ALS)
  • bei Morbus Parkinson
  • bei Querschnittslähmung
  • Ataxie

Periphere Störungen

  • bei Muskeldystrophie
  • bei Querschnittslähmung
  • beim MMC (Meningomyelozele)
  • bei komplexen, schweren, peripheren neurologischen Syndromen mit definierten Ausfällen (Plexuslähmungen)
  • bei ausgedehnten Folgen von Polytraumen mit Funktionsstörungen an zumindest zwei Gliedmaßen oder Rumpf und einer Gliedmaße

übergreifendes Lernziel

Der Teilnehmer soll in der Lage sein, die erworbenen Kenntnisse unter Nutzung der natürlich vorhandenen Bahnungs- und Hemmungsmechanismen des Nervensystems und unter Berücksichtigung der sensomotorischen Ausfälle auf die Behandlung der Patienten mit der PNF-Methode zu übertragen. Dabei sollen die Bewegungsmuster ökonomisiert oder weitestgehend zur Norm zurückgeführt werden.

Lernziele

1. Der Teilnehmer soll Zusammenhänge der funktionellen Anatomie und der Biomechanik als Grundlage der PNF-Methode beherrschen und den Bezug zu den entsprechenden Funktionsstörungen herstellen können.

2. Der Teilnehmer soll die Zusammenhänge der funktionellen Neuroanatomie und Neurophysiologie (sensomotorische Funktionskreise, Eigen- und Fremdreflexe, Gleichgewichtsapparat, pyramidales und extrapyramidales System) als Grundlage für das Verständnis von peripheren und zentralen Bewegungsstörungen beherrschen und die entsprechenden klinischen Ausfallerscheinungen (Störungen der sensomotorischen Funktionskreise) ableiten können.

3. Der Teilnehmer soll das PNF-Konzept bezogen auf die Behandlung der Funktionsstörungen bei neuromuskulären Erkrankungen beschreiben, erläutern und anwenden können.

4. Der Teilnehmer soll die PNF-Pattern und Techniken (agonistische, antagonistische Techniken, Entspannungstechniken, Gebrauch der Techniken mit Schulterblatt- und Beckenmustern, Gebrauch der Techniken an Extremitäten und Rumpfmustern, bilaterale, bilateriale-reziproke, symmetrische und asymmetrische, ipsilaterale, kontralaterale Kombinationen, Irradiation) durchführen können, indikationsbezogen und befundorientiert auswählen, anwenden, erklären und auf alltagspraktische Bewegungen umsetzen können.

5. Der Teilnehmer soll die Bewegungsmuster mit weitlaufenden Bewegungen über mehrere Gelenke und Muskelketten erkennen und erklären können. Dabei soll er die Muster in den einzelnen Körperregionen befundorientiert anwenden können.

6. Der Teilnehmer soll im orofazialen Bereich die Funktion von Gesicht, Atmung, Mund, Schlund, Kehlkopf, Zungenbein, Kauen, Schlucken, Husten erkennen, Störungen beurteilen und deren Therapie beherrschen.

7. Der Teilnehmer soll den normalen Gang und die pathologischen Abweichungen analysieren können, die Stadien der motorischen Kontrolle in den einzelnen Gangphasen beschreiben, Gangfehlfunktionen ableiten können und die entsprechenden Bewegungsmuster und Techniken in der Behandlung beherrschen.

8. Der Teilnehmer soll Fehlfunktionen (z. B. der oberen/unteren Extremitäten, des Rumpfes etc.) erkennen und deren Behandlung mit der PNF-Methode beherrschen.

9. Der Teilnehmer soll die Prinzipien der Irradiation und der indirekten Behandlung beherrschen und dem Patienten vermitteln können.

10. Der Teilnehmer soll Kontraindikationen sowie Komplikationen in der Behandlung erkennen und Lösungsvorschläge aufzeigen können.

11. Der Teilnehmer soll unter Berücksichtigung der für die PNF-Methode relevanten Aspekte die Erstellung einer physiotherapeutischen Befunderhebung, das Formulieren messbarer, objektivierbarer Therapieziele, die Erstellung eines Behandlungsplanes sowie die Dokumentation des Behandlungsverlaufs beherrschen.

3. Abschlussprüfung:

3.1 Die Abschlussprüfung umfasst einen schriftlichen und einen praktischen/mündlichen Prüfungsteil. Zusätzlich ist während der Weiterbildung ein Fallbericht zu erstellen, der in die Bewertung des praktischen/mündlichen Prüfungsteils einzubeziehen ist.

3.2 Die Prüfung ist bestanden, wenn alle Prüfungsteile mindestens mit "ausreichend" bewertet werden. Jeder nicht bestandene Prüfungsteil kann höchstens zweimal wiederholt werden.

3.3 Der schriftliche Prüfungsteil dauert mindestens eine Unterrichtseinheit je Teilnehmer und kann auch in multiple choice- Form durchgeführt werden. Es sind jeweils Kenntnisse aus folgenden Gebieten abzufragen: Grundprinzipien und Philosophie der PNF-Methode, Indikationsbereiche, PNF-Muster und Techniken, Mattenaktivität, Gangschule und orofazialer Bereich.

3.4 Die Dauer des praktischen/mündlichen Prüfungsteils beträgt mindestens zwanzig Minuten je Teilnehmer. Der Teilnehmer hat anhand einer von der Prüfungskommission vorgegebenen Indikation seine Vorgehensweise bei der Therapieplanung/Vorbereitung zu erläutern und die einzusetzenden PNF-Techniken am Probanden zu demonstrieren.

3.5 Der Prüfungskommission gehören der verantwortliche Fachlehrer für PNF (vgl. VI. D) und ein weiterer anerkannter Fachlehrer für PNF an.

3.6 Die Landesverbände der Krankenkassen können Sachverständige zu den Prüfungen entsenden; die Prüfungstermine sind vier Wochen vor Durchführung der Prüfungen mitzuteilen.

3.7 über die Prüfung ist ein Protokoll zu führen, in dem die Prüfer namentlich aufzuführen sind.

4. Zertifikat:

Das vom Weiterbildungsträger auszustellende Zertifikat über den erfolgreichen Abschluss der Weiterbildung hat mindestens die im nachfolgenden Musterzertifikat aufgeführten Angaben zu enthalten:


                         Musterzertifikat

 

Offizielle Bezeichnung und Adresse des Weiterbildungsträgers

Frau / Herr                 

_________________

geboren am                 

_________________

Beruf                 

_________________

hat vom _________ bis _________ den Grundkurs
und vom _________ bis _________ den Aufbaukurs der Weiterbildung in
 
                   Krankengymnastik nach PNF
 
mit _________Unterrichtseinheiten4 absolviert

und mit Erfolg an der schriftlichen und praktischen Abschlussprüfung teilgenommen.

 
Prüfungsort, Datum ____________________
 
_______________________________________ _______________________________________
Name und Unterschrift des verantwortlichen Fachlehrers Name und Unterschrift des weiteren anerkannten Fachlehrers

________________________________
4 Die Dauer einer Unterrichtseinheit beträgt 45 Minuten.


C) Mindestanforderungen an den Weiterbildungsträger/Fachlehrer

1. Die Vermittlung der Weiterbildungsinhalte erfolgt durch qualifizierte PNF-Fachlehrer (vgl. VI. D).

2. Es müssen geeignete Unterrichts- und übungsräume vorgehalten werden.

3. Die Durchführung der Weiterbildung erfolgt auf der Grundlage eines Rahmenlehrplanes.

4. Es ist entsprechendes Patientengut bereitzustellen.

5. Ein Fachlehrer darf höchstens 20 Weiterbildungsteilnehmer unterrichten.

D) Mindestanforderungen an den Fachlehrer

Fachlehrer für Krankengymnastik nach PNF

Eine ausreichende Fachlehrerqualifikation 5 ist durch eine gesonderte Fachlehrerweiterbildung nachzuweisen. Die nähere Ausgestaltung der Fachlehrerweiterbildung obliegt der BHV und ist mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen einvernehmlich abzustimmen. Die Internationale PNF-Association ist hierbei angemessen zu beteiligen.

Die Fachlehrerweiterbildung ist in Anhang C) beschrieben und separater Bestandteil der Gemeinsamen Empfehlungen; sie ist in der jeweils gültigen Fassung anzuwenden.

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4
Übergangsregelung: IPNFA-Instruktoren (Junior-, Advanced- und Senior-Instructoren) werden als Fachlehrer für PNF anerkannt, soweit sie die dafür erforderlichen Voraussetzungen bis zum 31. Dezember 1996 nachweisen. Gleiches gilt für Therapeuten, die in den letzten 10 Jahren vor dem 1. Januar 1997 mindestens zehn vollständige Weiterbildungen in PNF eigenständig durchgeführt und/oder Assistenzen an vollständigen Weiterbildungen in PNF absolviert haben.

E) Fachlehrer

Qualifizierte Fachlehrer, die die Erfüllung der vorgenannten Anforderungen nachgewiesen haben, werden in der Anlage 7 aufgeführt.