vom 28. Januar 2003
Vorwort
Dank der Fortschritte in der Notfall- und Akutversorgung sowie in der gut ausgebauten Intensivpflege überleben immer mehr Menschen auch schwere Hirnschädigungen. Bei einem Teil der Menschen mit schweren und schwersten Schädigungen des Nervensystems bleiben trotz adäquater Behandlung im Akutbereich und in der nachfolgenden Rehabilitation auf Dauer erhebliche Krankheitsfolgen bestehen (z.B. apallisches Syndrom). Bei diesen Patienten, die nicht mehr selbstständig leben können, sind neben der im Vordergrund stehenden Pflege auch intensive medizinisch-therapeutische Maßnahmen durch ein interdisziplinäres Team notwendig.
Mit den „Empfehlungen zur Neurologischen Rehabilitation von Patienten mit schweren und schwersten Hirnschädigungen in den Phasen B und C“ wurde im Jahre 1995 damit begonnen, das Phasenkonzept A - F der neurologischen Rehabilitation trägerübergreifend zu definieren. Diese Arbeit wird mit den nachfolgenden „Empfehlungen zur stationären Langzeitpflege und Behandlung von Menschen mit schweren und schwersten Schädigungen des Nervensystems in der Phase F“ fortgeführt. Zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten Pflege und Behandlung in der Phase F wurden mit den Empfehlungen einheitliche Definitionen der Patientengruppen, der Behandlungsziele und -inhalte sowie Anforderungen an die Einrichtungen formuliert und Aussagen zur Koordinierung der Leistungen zur Pflege und Behandlung getroffen.
Die Empfehlungen für die stationäre Versorgung in der Phase F wurden von den Spitzenverbänden der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen, der gesetzlichen Unfallversicherungsträger, der gesetzlichen Rentenversicherungsträger sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen im Rahmen der BAR in Abstimmung mit ärztlichen Sachverständigen der Leistungserbringer erarbeitet.
Wir danken allen, die an der Erarbeitung der Empfehlung beteiligt waren, insbesondere den Mitgliedern der Projekt begleitenden Arbeitsgruppe.
Geschäftsführer
B. Steinke - H. Kirsten
Inhaltsverzeichnis
3.1 Patienten-Charakteristika
3.2 Pflege- und Behandlungsziele
3.3 Aufgaben und Leistungen
3.4 Pflege- und Behandlungszeitraum
3.5 Leistungsrechtliche Zuordnung
4. Anforderungen an die Phase F-Einrichtung
4.1 Pflege- und Behandlungsplan, Dokumentation
4.2 Pflege
4.3 Ärztliche Versorgung
4.5 Größe der Phase F-Einrichtung
4.6 Räumliche und apparative Voraussetzungen
4.7 Qualitätssicherung
1. Vorbemerkungen
Bei einem Teil der Menschen mit schweren und schwersten Schädigungen des Nervensystems bleiben trotz adäquater Behandlung im Akutbereich und in der nachfolgenden Rehabilitation auf Dauer erhebliche Krankheitsfolgen bestehen
(z.B. apallisches Syndrom). Bei diesen Patienten, die nicht mehr selbstständigleben können, sind neben der im Vordergrund stehenden Pflege auch intensive medizinisch-therapeutische Maßnahmen durch ein interdisziplinäres Team notwendig.
Um eine bedarfsgerechte Pflege und Behandlung in der Phase F zu gewährleisten, sind einheitliche Definitionen der Patientengruppen sowie der Behandlungsziele und -inhalte und eine Koordinierung der Leistungen zur Pflege und Behandlung erforderlich.
Hinzu kommt, dass die Teilhabe der Phase F-Patienten am sozialen Leben auch dann sichergestellt werden muss, wenn schwere und schwerste Folgen neurologischer Erkrankungen die „Brücken“ zur Umwelt einengen oder zeitweise ganz unterbrechen.
Die Spitzenverbände der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen, der gesetzlichen Unfallversicherungsträger, der gesetzlichen Rentenversicherungsträger sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe haben daher unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen im Rahmen der BAR in Abstimmung mit ärztlichen Sachverständigen die nachstehenden Empfehlungen für die stationäre Versorgung in der Phase F erarbeitet. Sie sollen die Rahmenbedingungen aufzeigen, um diesen besonders schwer betroffenen Menschen ein Leben in Würde mit einer Chance auf Besserung zu ermöglichen. Eine regionale Versorgung ist hierbei anzustreben.
Grundlage der Empfehlungen bildet die „Phaseneinteilung in der neurologischen Rehabilitation“*)
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*) Vgl. Weiterentwicklung der neurologischen Rehabilitation, Deutsche
Rentenversicherung 1994
2.
Zielgruppe
Die Empfehlungen beziehen sich auf erwachsene Patienten*), welche an den Folgen von neurologischen Akutereignissen (z.B. Schädel-Hirn-Traumen, zerebrale Sauerstoffmangelschäden u.a. nach Herz-Kreislauf-Versagen), von akuten zerebralen Gefäßschäden, von entzündlichen Erkrankungsprozessen im Nervensystem oder hohen Querschnittsyndromen leiden.
Im Vordergrund stehen bei den Betroffenen verschiedene Grade der Bewusstseinsstörung (z.B. apallisches Syndrom/Wachkoma) und/oder intellektuell-kognitive Einschränkungen (z.B. Einschränkungen der Wahrnehmungs- und Auffassungsgabe, Verhaltensauffälligkeiten verschiedener Ausprägung und/oder Empfindungs- und Erlebnisverarbeitungsstörungen), und/oder Einschränkungen der Sprach- und Sprechfähigkeit sowie verschiedene, meist sehr komplexe Ausfallmuster im Bereich der Sensorik und der Motorik.
Bewusstseinsstörungen, schlaffe oder spastische Lähmungen und andere Schädigungen (z.B. Schluck- oder Atemstörungen) schränken dabei unter Umständen die Lebensaktivitäten so stark ein, dass aufwändige pflegerische und medizinische Maßnahmen notwendig werden können (z.B. Sondenernährung, spezielle Lagerung, Tracheotomie usw., im Extremfall auch apparative Beatmungshilfe).
Diese Personen sind, abhängig von ihrer Mobilität/Mobilisierbarkeit, vielfach noch unmittelbar bedroht von einer Vielzahl sekundärer Schädigungen und Komplikationen (z.B. Kontrakturen, Dekubiti, Infektionen), die bei der Pflege und Behandlung zu berücksichtigen sind.
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*) Auf die Versorgung von Kindern und Jugendlichen sind diese
Empfehlungen nicht in allen Bereichen übertragbar.
Die Phase F ist geprägt von dauerhaften pflegerischen sowie medizinischen, die Selbsthilfepotenziale unterstützenden, betreuenden und/oder zustandserhaltenden Maßnahmen. Die Phase F ist außerdem geprägt von zusätzlichen langfristigen medizinisch-therapeutischen Leistungen.
In dieser Phase werden diejenigen Patienten behandelt, bei denen in den letzten Monaten der neurologischen Behandlungs-/Rehabilitationsphasen B und C kein weiterer funktioneller Zugewinn erreicht werden konnte, bei denen aber langfristig nach Ätiologie, Pathogenese und Verlauf eine positive Behandlungsprognose hinsichtlich des Erreichens einer Behandlungs-/Rehabilitationsfähigkeit in den Phasen B, C oder D besteht.
Zu beachten ist hierbei, dass eine Verbesserung des Zustandes bei Schädel-Hirnverletzten auch noch nach längeren Zeiträumen eintreten kann.
Ziel für alle Phase F-Patienten ist die Verbesserung der Teilhabe am sozialen Leben durch die Verminderung der Beeinträchtigungen. Hierzu zählt auch, Pflegebedürftigkeit zu mindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten, ggf. die Pflegebedürftigkeit zu beseitigen.
3.1 Patienten-Charakteristika
Die Patienten der Phase F sind, bedingt durch schwere und schwerste Schädigungen des Nervensystems,
-
– beeinträchtigt in ihrer Unabhängigkeit, das heißt, es besteht Abhängigkeit von einer speziellen Betreuung/Pflege oder Intensivbetreuung, und
– beeinträchtigt in ihrer sozialen Integration.
– schwer beeinträchtigte oder fehlende Selbstversorgungsfähigkeit,
– schwer gestörte oder fehlende Mobilität,
– schwer beeinträchtigte oder fehlende Kommunikationsfähigkeit,
– schwere Störungen im Verhalten,
– ggf. Abhängigkeit von lebenserhaltenden Hilfsmitteln wie Ernährungssonden und/oder Beatmungsgeräten.
Diese Fähigkeitsstörungen können durch folgende Schädigungen (Funktionsstörungen, Strukturschäden) bedingt sein:- – verschiedene Grade einer Bewusstseinsstörung bis zum „Wachkoma“ (apallisches oder postapallisches Syndrom),
- – schwere intellektuell-kognitive und psychische Störungen,
- – stark beeinträchtigte bis aufgehobene Wahrnehmung,
- – ausgeprägte schlaffe oder spastische Lähmungen,
- – Ausfälle der Sensorik,
- – beeinträchtigte oder aufgehobene Sprach- oder Sprechfunktion,
- – schwere Störungen der vegetativen Funktionen (Herz-Kreislauf-, Atemfunktion),
- – schwere Störungen der Schluckfunktion,
- – Inkontinenz. Im Allgemeinen finden sich Kombinationen dieser Schädigungen. Bei diesen Patienten drohen Folgekrankheiten und Folgeschäden wie Infektionen, Kontrakturen, Schäden durch die Muskelspastik oder Dekubitalulcera.
3.2 Pflege- und Behandlungsziele
In der Phase F soll der bisher in der vorausgegangenen Phase der neurologischen Behandlung/Rehabilitation erreichte Funktionszustand gebessert oder mindestens erhalten werden.
Ziel ist die Wiederherstellung, Erhaltung und Verbesserung der Fähigkeiten insbesondere in den Bereichen
-Verhalten (z.B. durch Förderung der Wahrnehmung, der Aufmerksamkeit, des Bewusstseins, des Erinnerungsvermögens und der Emotionen),
-Selbstversorgung und Fortbewegung (z.B. durch Förderung der aktiven und passiven Beweglichkeit, der Sensorik, Regulierung des Muskeltonus, Förderung der Koordination, Verbesserung oder Vermeidung von Kontrakturen),
-Förderung der Kommunikation (z.B. durch Förderung der Sprachfunktion und des Sprechens),
-Beseitigung oder Minderung der Abhängigkeit von lebenserhaltenden Hilfsmitteln (z.B. von Ernährungssonden oder Beatmungsgeräten).
Die Beseitigung oder Vermeidung sekundärer Krankheiten oder Komplikationen (z.B. Dekubiti, Infektionen, Kontrakturen) ist generelles Pflegeziel.
Auf dieser Basis ist es das übergeordnete Ziel, die Behandlungs- bzw. Rehabilitationsfähigkeit für die Phasen B, C oder D zu erreichen und die weitgehende Selbstständigkeit wieder herzustellen sowie die soziale Integration (z.B. in die häusliche Umgebung) zu verbessern und zu erhalten.
3.3 Aufgaben und Leistungen
Zu den Aufgaben und Leistungen der Phase F-Einrichtung zählen:
– Grundpflege,
– medizinische Behandlungspflege,
– soziale Betreuung,
– Beratung der Angehörigen sowie ggf. Anleitung der Angehörigen zur Eingliederung des Patienten in die häusliche Umgebung,
– Unterkunft und Verpflegung,
– Sicherstellung der ärztlichen Leistungen sowie
– Sicherstellung der weiteren ärztlich verordneten Leistungen (z.B. Heil- und Hilfsmittel).
3.4 Pflege- und Behandlungszeitraum
Die Pflege in der Phase F ist auf Dauer angelegt. Die medizinisch-therapeutische Versorgung erfolgt grundsätzlich langfristig.
3.5 Leistungsrechtliche Zuordnung
Die Phase F ist leistungsrechtlich bezogen auf die Pflegeleistungen der Pflegeversicherung, der Unfallversicherung und der Sozialhilfe zugeordnet. Die darüber hinausgehenden ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen (z.B. Heil und Hilfsmittel) werden vom jeweils zuständigen Leistungsträger (insbesondere gesetzliche Krankenkasse oder Unfallversicherungsträger) finanziert. Dessen Zuständigkeit und der Umfang seiner Leistungspflicht richten sich im Einzelfall nach den für ihn geltenden Vorschriften.
4. Anforderungen an die Phase F-Einrichtung
In Phase F-Einrichtungen erfolgt die pflegerische Versorgung i.d.R. auf der Grundlage des SGB XI. Insofern gelten die dortigen Vorschriften sowie die auf der Grundlage vor allem von § 75 und § 80 SGB XI getroffenen Regelungen und Vereinbarungen zur pflegerischen Versorgung sowie zur Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität.
4.1 Pflege- und Behandlungsplan, Dokumentation
Pflege- und Behandlungsplan
Die entscheidende Grundlage für die stationäre Versorgung der Phase F bildet die Pflege und Behandlung durch das Therapeutische Team. Zum Therapeutischen Team gehören alle an der Pflege und Behandlung beteiligten Fachkräfte, insbesondere Pflegefachkräfte sowie Ärzte und nichtärztliche Therapeuten. Als Voraussetzung für die Versorgung von Patienten der Phase F ist von den Pflegefachkräften unter Berücksichtigung der durchgeführten Behandlung ein Pflegeplan sowie durch den behandelnden Arzt und die nichtärztlichen Therapeuten ein Behandlungsplan unter Hinzuziehung der Angaben im Pflegeplan zu erstellen.
Der Pflege- und Behandlungsplan soll in der Phase F die Beurteilung der Behandlung, des Verlaufs und der Versorgung einschließlich der medizinisch-the-rapeutischen und pflegerischen Leistungen und der psychosozialen Situation ermöglichen und die durchgeführten Maßnahmen einschließlich der dabei aufgetretenen Änderungen oder Komplikationen dokumentieren.
Im Pflege- und Behandlungsplan sind somit Art und Frequenz der einzelnen vorgesehenen pflegerischen sowie medizinisch-therapeutischen Maßnahmen festzulegen. Sie sind dem Verlauf anzupassen. Im Verlauf erforderlich werdende Änderungen sind im Pflege- und Behandlungsplan zu dokumentieren.
Pflegeplan
Im Pflegeplan werden auf der Grundlage der Pflegeanamnese vorhandene Probleme im Zusammenhang mit der Pflege und bestehende Ressourcen benannt und entsprechende Zielsetzungen vereinbart. Unter Berücksichtigung der Festlegungen im Behandlungsplan und der formulierten pflegerischen Zielsetzungen werden die notwendigen pflegerischen Maßnahmen mit allen an der Pflege beteiligten Personen geplant und schriftlich festgehalten. Dabei ist zu beachten, dass die Maßnahmenplanung Angaben zu Häufigkeit, Zeitpunkt, Zeitraum, erforderlichen Hilfsmitteln und personeller Zuständigkeit enthält. Die festgeschriebenen Maßnahmen sind für alle an der Pflege beteiligten Personen verbindlich. Besonders in der Langzeitpflege ist die sorgfältige Analyse der Biographie und der Lebensgewohnheiten von großer Bedeutung. Die gewonnenen Informationen können Aufschlüsse darüber geben, über welche Fähigkeiten, Problemlösungsmöglichkeiten und -hilfen der Bewohner bereits vorher verfügte. Der Pflegeplan ist Bestandteil der Pflegedokumentation.
Behandlungsplan
Im Behandlungsplan spiegelt sich die gemeinsame Umsetzung eines umfassenden Behandlungskonzeptes aller Beteiligten wider. Der Behandlungsplan berücksichtigt:
-
Diagnose(n) einschließlich der wesentlichen Nebendiagnosen und Feststellung der Folgezustände,
-
drohende oder schon eingetretene Komplikationen,
-
klinische Befunde und Befunde über/bzgl. Schädigungen, Funktions-/Fähigkeitsstörungen und Beeinträchtigungen,
-
bestehende Potentiale und Ressourcen,
-
Behandlungsziele (im Hinblick auf Schädigungen/Funktions-/Fähigkeitsstörungen und Beeinträchtigungen).
Der Behandlungsplan enthält:
– namentliche Benennung der die Behandlung durchführenden Therapeuten,
– Art der Behandlung, wöchentliche Frequenz, Dauer der Behandlung, Einzel oder Gruppenbehandlung,
– ärztliche Maßnahmen (z.B. Diagnostik, Medikation, Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln),
– Datum der Erstellung des Behandlungsplanes und Datum der ersten geplanten Überprüfung des Behandlungsplanes (mindestens im Rahmen einer Quartalskonferenz).
Dokumentation
Für jeden Patienten der Phase F ist eine Krankenakte anzulegen, der alle Diagnosen, Befunde, Komplikationen und durchgeführten/geplanten Behandlungen (pflegerische und medizinisch-therapeutische Maßnahmen) sowie Behandlungsformen und der Verlauf entnommen werden können. Die Dokumentation muss insbesondere umfassen:
– die Pflegedokumentation einschließlich Pflegeplan,
(Die Pflegedokumentation enthält neben dem Pflegeplan die Pflegeanamnese und den Pflegebericht sowie Angaben über den Einsatz von Pflegehilfsmitteln und Angaben über durchgeführte Pflegeleistungen. Auf der Grundlage der Qualitätsvereinbarung nach § 80 SGB XI setzt jede Pflegeeinrichtung ein geeignetes Pflegedokumentationssystem ein, so dass u.a. der aktuelle Verlauf und Stand des Pflegeprozesses daraus jederzeit ablesbar ist.)
– den individuellen Behandlungsplan,
– die durchgeführten Behandlungen (ggf. besondere Behandlungstechniken und -methoden) mit Angabe des Behandlungsdatums, der jeweiligen Behandlungsdauer, der Reaktion des Patienten und ggf. Besonderheiten bei der Durchführung,
– sämtliche erhobene anamnestische Daten, klinische und übrige Befunde und deren Interpretation zu Beginn und im Verlauf der Behandlung,
– die definierten Behandlungsziele zu Beginn und im Verlauf sowie Bewertung des Behandlungserfolges durch Zwischenuntersuchungen,
– die Angabe zu Visiten und Teambesprechungen sowie Hinzuziehung anderer Fachkräfte.
Die unterschiedlichen Befunde in den verschiedenen Ebenen der Schädigungen/Funktions- und Fähigkeitsstörungen sind zu dokumentieren (Verlaufsdokumentation). Hierfür sollten Messinstrumente (Assessments) benutzt werden, welche mindestens in den Bereichen
-
Verhalten,
-
Selbstversorgung und Selbstorganisation,
-
Fortbewegung und
-
Kommunikation
eine Beurteilung zu Beginn und im Verlauf der Behandlung ermöglichen.
Die vom behandelnden Arzt verordneten Therapien sollten sich mindestens nach angestrebter sowie erreichter Zielsetzung, Art (Therapiekonzept), Frequenz und Dauer in der Dokumentation widerspiegeln.
4.2 Pflege
Die pflegerische Versorgung von Bewohnern in der Phase F orientiert sich grundsätzlich am Prinzip der aktivierenden Pflege. Die Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL) bilden die Basis des Pflegealltags. Der Ansatz einer stimulierenden, Ressourcen weckenden Pflege schafft u.a. die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Therapie in den übrigen Disziplinen.
Hierzu kann eine Anleitung der Pflegekräfte oder eine Mitarbeit durch andere Mitglieder des Therapeutischen Teams sinnvoll sein. Zur Erreichung der unter 3.2 genannten Ziele sind Kenntnisse verschiedener anerkannter Therapiekonzepte notwendig.
Bei pflegerischen Aktivitäten, wie Lagerung, Mobilisation, Nahrungsaufnahme, An- und Auskleiden und Körperpflege müssen vorbereitende und begleitende Maßnahmen durchgeführt werden. Beispielsweise benötigen schwer wahrnehmungsgestörte Menschen eindeutige, gezielte und taktile Informationen (Kontakt durch Berührung).
Häufig werden Menschen im Wachkoma mit einem Tracheostoma oder einer Ernährungssonde versorgt. Die Pflegekräfte müssen in den dafür spezifischen Tätigkeiten qualifiziert sein.
Insgesamt ist die Pflege und Behandlung in der Phase F gekennzeichnet durch einen erhöhten Grund- und Behandlungspflegebedarf sowie durch einen erhöhten Überwachungsaufwand bei meist schweren Kommunikations- und Schluckstörungen.
Diese aufwändige und qualifizierte Versorgung erfordert eine adäquate personelle Ausstattung mit einem höheren Anteil an Pflegefachkräften im Vergleich zu einem nicht spezialisierten Pflegeheim.
4.3 Ärztliche Versorgung
Bei der Versorgung von Phase F-Bewohnern in Fachpflegeeinrichtungen durch Vertragsärzte*) muss das im Behandlungsplan beschriebene durchgängige koordinierte Behandlungskonzept auch aus ärztlicher Sicht die Grundlage für eine langfristig angelegte Behandlung darstellen. Der behandelnde Arzt sollte persönlich an den Quartalskonferenzen teilnehmen. Anhand des fortgeschriebenen Behandlungsplanes fasst der Arzt die wesentlichen Inhalte in einem Behandlungsbericht zusammen. Er führt in der Regel eine wöchentliche Visite durch. Bei Bedarf verordnet er Medikamente, Heil- und Hilfsmittel und überprüft die weitere Notwendigkeit der verordneten Leistungen.
Bei der Angliederung an eine neurologische Klinik oder eine neurologische Rehabilitationseinrichtung stellt die Behandlung durch deren Ärzte einen Vorteil dar und sollte synergetisch genutzt werden.
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*) Besondere Regelungen der Unfallversicherung bleiben unberührt.
Heilmittel und/oder andere Therapien sind angezeigt, wenn nur mit diesen und ausgehend von einer langfristig positiven Behandlungsprognose bzw. einer oh-ne diese Therapie negativen Behandlungsprognose eine Verminderung des Schweregrades der unter 3.1 genannten Schädigungen, Funktions- und Fähigkeitsstörungen zu erreichen ist. Z.B. bedürfen isolierte Schädigungen, Funktions- und Fähigkeitsstörungen wie schlaffe oder spastische Lähmungen der Physiotherapie, Störungen der Sprach- oder Sprechfunktion der Stimm-Sprech-Sprachtherapie. Schluckstörungen und Anbahnung des Schluckaktes erfordern die Behandlung durch Logopäden oder Ergotherapeuten.
Da in der Regel komplexe Fähigkeitsstörungen im Vordergrund stehen, ist ein komplexer Therapieansatz mit mehreren Heilmitteln evtl. unter Einbeziehung von Hilfsmitteln im Regelfall notwendig.
In der Phase F ist die Behandlung durch Therapeuten, welche in der Behandlung dieser Betroffenen erfahren sind und eine spezielle Ausbildung (z.B. in der Schlucktherapie) absolviert haben, grundsätzlich erforderlich. Ziele, Inhalte sowie Frequenz der Therapien sind individuell im Rahmen des Behandlungsplanes abzustimmen. Eckpfeiler der Therapie sind Physio- und Ergotherapie sowie Logopädie. Bei entsprechender Indikation können auch sonstige Therapien erforderlich werden. Team- und Fallkonferenzen sind in der Leistungsplanung gesondert zu berücksichtigen.
Die Behandlungsdauer einer Einzeltherapie (insbesondere Physio-, Ergotherapie und Logopädie) liegt, einschließlich Dokumentationszeiten, in der Regel bei 30 – 60 Minuten.
Physiotherapie
In der Phase F nimmt die Physiotherapie eine Schlüsselposition ein. Wesentliche Ziele sind eine Verbesserung der Sensomotorik, Regulierung des Muskeltonus, der Koordination und Kontrakturbehandlung (Schädigungs-/Funktionsstörungs-ebene), der Mobilität (Ebene der Fähigkeitsstörungen). Hierzu gehören die Erreichung oder Verbesserung der Fähigkeit zum Sitzen, Stehen, Benutzen eines Rollstuhles, Wechsel der Körperstellung, Gehen. Die Behandlung erfolgt nach anerkannten neurophysiologischen Grundsätzen.
Die Therapiefrequenz ergibt sich aus den Zielen und Inhalten des Behandlungsplanes. Zu empfehlen sind bei entsprechender Behandlungsbedürftigkeit regelmäßige, mehrfach wöchentliche Therapieeinheiten.
Häufig ist der Einsatz der manuellen Lymphdrainage erforderlich. Als weitere Maßnahmen kommen Teilmassagen oder Thermotherapie in Frage.
Ergotherapie
Die Schwerpunkte für die Ergotherapie liegen im motorisch-funktionellen Bereich (alltagsorientierte Anbahnung von Bewegungen, Verbesserung der Grobund Feinmotorik, der Koordination, Muskeltonusregulierung) sowie im sensomotorischen Bereich (Verbesserung der Körperwahrnehmung und des Körperschemas sowie der Sensorik). Bei bestimmten Fällen ist in der Ergotherapie ein Hirnleistungstraining oder eine neuropsychologisch orientierte Behandlung (Verbesserung kognitiver Funktionen) angezeigt. In späteren Übergangsstadien dient die Therapie der Vorbereitung auf eine ambulante Weiterversorgung (Selbsthilfeanteile). Auch die Therapie von Schluckstörungen (Störungen der Nahrungsaufnahme) kann durch speziell geschulte Ergotherapeuten erfolgen.
Ziel der Ergotherapie ist die Verbesserung in den einzelnen Bereichen der Selbstversorgung, der körperlichen Beweglichkeit und Geschicklichkeit und im Verhalten in alltäglichen Situationen.
Die Therapiefrequenz ergibt sich aus den Zielen und Inhalten des Behandlungsplanes. Zu empfehlen sind bei entsprechender Behandlungsbedürftigkeit regelmäßige, mehrfach wöchentliche Therapieeinheiten.
Logopädie
Die Logopädie umfasst die Stimm-, Sprach- und Sprechtherapie sowie die facioorale Therapie einschließlich der Förderung des Schluckaktes. Ziel ist eine Verbesserung der oralen Nahrungsaufnahme, der Sprache, des Sprechens und der Kommunikationsfähigkeiten. Indikationsbezogen kann eine regelmäßige Logopädie erforderlich sein.
Die Therapiefrequenz ergibt sich aus den Zielen und Inhalten des Behandlungsplanes.
Sonstige Therapie
Bei Befundverbesserung ist ein zunehmender Anteil an alltagsorientiertem Hirnleistungstraining unter Einbeziehung neuropsychologischer Fachkompetenz angezeigt.
Die Aufarbeitung der vom Betroffenen traumatisch erlebten Situation – auch unter enger Einbeziehung der Angehörigen – stellt eine zusätzliche wesentliche Aufgabe weiterer therapeutischer Angebote dar.
Die Therapiefrequenz der sonstigen Therapien ergibt sich aus den Zielen und Inhalten des Behandlungsplanes.
Sozialdienst, Einbindung der Angehörigen/Bezugspersonen
Die Aufgabe des Sozialdienstes ergibt sich aus der langfristigen Begleitung der Bewohner der Phase F-Einrichtung und ihrer Angehörigen/Bezugspersonen („kleines soziales Netzwerk“). Unter anderem sollte im Rahmen dieses Arbeitsfeldes umfassend über bestehende Hilfemöglichkeiten einschließlich der möglichen Kontaktaufnahme mit Betroffenenverbänden und -gruppen informiert werden.
Zu den Aufgaben der Phase F-Einrichtung gehören außerdem u.a. die Vorbereitung der Angehörigen/Bezugspersonen auf eine weitere ambulant-häusliche Versorgung des Betroffenen sowie Information über die am Wohnort vorhandenen Dienste. Zur Vorbereitung der Angehörigen/Bezugspersonen sollte auch eine praxisorientierte Schulung angeboten werden.
4.5 Größe der Phase F-Einrichtung
Aufgrund der angestrebten regionalen Versorgung sowie der Notwendigkeit des Therapeutischen Teams sollte eine organisatorisch eigenständige Phase F-Einrichtung in der Regel eine Mindestzahl von 20 Phase F-Plätzen aufweisen. Bei der Anbindung einer Phase F-Einrichtung an eine andere Einrichtung sollte diese in der Regel eine Mindestzahl von 8 Phase F-Plätzen vorhalten. Maximal sollte eine Phase F-Einrichtung die Zahl von 40 Phase F-Plätzen nicht wesentlich überschreiten. Regionale Besonderheiten sind zu berücksichtigen.
4.6 Räumliche und apparative Voraussetzungen
Bei der Berechnung des Flächenbedarfs einer Phase F-Einrichtung sind der überdurchschnittliche Behinderungsgrad der Bewohner, die höhere Pflege- und Hilfsmittelbedürftigkeit (Sonderrollstühle) und der höhere Raumbedarf für spezielle Aktivitäten zu berücksichtigen.
Die einem Team (einer Wohngruppe) zugeordnete ideale Zahl liegt bei 8 – 12 Bewohnern. Um den Charakter einer Wohngruppe zu erhalten, sind – vergleichbar mit dem häuslichen Umfeld – sowohl Wohnräume als auch private Rückzugsbereiche erforderlich. Konzeptionell hat sich ein großer, offener Wohnbereich mit Möglichkeiten zur Einnahme gemeinsamer Mahlzeiten und zu sonstigen gemeinsamen Aktivitäten bewährt. Für die Bewohner sollten sowohl Einzel- als auch Doppelzimmer vorgehalten werden, welche jeweils über eine eigene behindertengerechte Nasszelle sowie über Abstellflächen/Nischen für Rollstühle verfügen. Die Verkehrsflächen sollten, um den Charakter einer Krankenhausstation zu vermeiden, abwechslungsreich gestaltet sein; dies kann z.B. durch Sitzgruppen oder Lichthöfe erreicht werden.
Für die Therapie sollten interdisziplinär nutzbare Räume in Anbindung, jedoch nicht im Zentrum der Wohnebene vorgesehen sein. Diensträume der Pflegekräfte sowie Nebenräume sollten zwar über kurze Wege erreichbar sein, jedoch möglichst im Gesamteindruck nicht dominieren, um die Wohnlichkeit zu erhalten. Therapie- und Untersuchungsräume, Dienst- und Nebenräume können von mehreren Wohngruppen gemeinsam genutzt werden.
Die notwendige räumliche und apparative Ausstattung zur Überwachung und Notfallbehandlung sollte den erhöhten Anteil an tracheotomierten Bewohnern berücksichtigen.
Wünschenswert sind Gästezimmer für Angehörige in der Einrichtung oder in unmittelbarer Nähe.
Zusätzliche Anforderungen für Bewohner der Phase F-Einrichtung mit speziellen medizinischen Problemen
Die Versorgung von Bewohnern der Phase F-Einrichtung, bei denen spezielle medizinische Probleme vorliegen, erfordert eine besondere räumliche und apparative Ausstattung. Hierzu gehört die Notwendigkeit einer intermittierenden oder kontinuierlichen assistierten maschinellen Beatmung oder die besondere Pflege und Behandlung von Bewohnern mit Problemkeimen (multiresistente Keime).
Für Beatmungspflichtige sind ausreichend große Zimmer vorzuhalten, um den Anforderungen an die Pflege und die medizinische Behandlung gerecht zu werden. Zusätzliche Nebenräume sind für zu lagerndes und zu entsorgendes Material vorzusehen. Die apparative Ausstattung umfasst u.a. Geräte zur kontinuierlichen Überwachung der Sauerstoffsättigung, ggf. weiterer Vitalparameter (Monitoring), sowie das Beatmungsgerät einschließlich eines Reservegerätes mit den entsprechenden Anschlussvorrichtungen und eine Absaugeinheit. Vor allem für diese Bewohner sind die geltenden Hygienevorschriften strikt zu beachten.
4.7 Qualitätssicherung
Die Qualität der Pflege ist durch ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagementsystem sicher zu stellen (vgl. §§ 80, 80a, 112 – 114 SGB XI).
Im Bereich der Strukturqualität sind die in diesen Empfehlungen gestellten Anforderungen an die Phase F-Einrichtung zu erfüllen.
Durch Fortbildung und gezieltes Training der Mitarbeiter sowie Weiterentwicklung des Pflegekonzeptes ist die Prozessqualität kontinuierlich zu verbessern.
Im Rahmen der Ergebnisqualität ist zu überprüfen und zu dokumentieren, ob und in welchem Ausmaß die in den individuellen Pflege- und Behandlungsplänen festgelegten Ziele erreicht wurden.
Die gesetzlichen Leistungsträger werden unter Beachtung des Datenschutzes auf entsprechende Anforderung über den individuellen Verlauf der Behandlung und Pflege informiert.
Der Leistungsträger entscheidet, ob und ggf. in welcher zeitlichen Abfolge (z.B. einmal jährlich) er von seiner Befugnis, regelmäßige Berichte zu erhalten, Gebrauch macht.
5. Quellen- „Phaseneinteilung in der neurologischen Rehabilitation“. Die Rehabilitation 34 (1995) 119-127
- „Weiterentwicklung der neurologischen Rehabilitation“. Deutsche Rentenversicherung 1994, 111-127.
- „1. Bundesfachtagung Phase F: Wachkoma und danach, die Langzeitrehabilitation schwer und schwerst schädel-hirnbeschädigter Menschen“. Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, Walter-Kolb-Straße 9-11, 60594 Frankfurt a.M., Tagungsbericht, Ausgabe 8/2000
- „Empfehlungen zur Neurologischen Rehabilitation von Patienten mit schweren und schwersten Hirnschädigungen in den Phasen B und C“, Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, Walter-Kolb-Straße 9-11, 60594 Frankfurt a.M., Ausgabe 1999.
Flussdiagramm „Behandlungs- und Reha-Phasen in der Neurologie“
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*) Vgl. Weiterentwicklung der neurologischen Rehabilitation, Deutsche
Rentenversicherung 1994, S. 123.