Ergotherapeutische Behandlung bei sensomotorischen/perzeptiven Störungen
54103 Einzelbehandlung
54108 Einzelbehandlung (bis zu 3 Einheiten an einem Tag) bei Beratung zur Integration in das häusliche und soziale Umfeld im Rahmen eines Hausbesuchs
54206 bei verordneter Position 54103 und gleichzeitiger Anwesenheit von zwei Patienten
54210 Gruppenbehandlung
Definition
Eine sensomotorisch-perzeptive Behandlung dient der gezielten Therapie krankheitsbedingter Schädigungen der sensomotorischen und/oder perzeptiven Funktionen und der daraus und vor dem Hintergrund der individuellen Kontextfaktoren resultierenden Beeinträchtigungen von Aktivitäten und ggf. der Teilhabe. Sie ist ein komplexes Therapieverfahren mit häufig mehreren Therapiezielen.
Thermische Maßnahmen können die sensomotorisch-perzeptive Behandlung unterstützen.
Eine Gruppentherapie (3 - 6 Patienten) kann nur dann erfolgen, wenn die Patienten über entsprechende soziale, kognitive und motorische Grundkompetenzen verfügen. Zum Einsatz kommt die Gruppentherapie insbesondere dann, wenn neben den oben genannten Schädigungen auch Schädigungen psychosozialer und emotionaler Funktionen vorliegen, die eine Gruppentherapie medizinisch notwendig machen.
Indikationen:
Eine sensomotorisch-perzeptive Behandlung ist bei krankheitsbedingten Schädigungen der sensomotorischen und/oder perzeptiven Funktionen mit den daraus resultierenden Beein- trächtigungen von Aktivitäten und ggf. der Teilhabe angezeigt.
Diagnosengruppen | Schädigungen von Körperfunktionen und -strukturen wie | Beeinträchtigungen der Aktivitäten und Teilhabe |
SB2 Störungen nach traumatischer Schädigung, Operationen, Verbrennungen, Verätzungen SB3 Amputationen, angeborene Fehlbildungen SB6 Sympathische Reflexdystrophie, Sudeck´sches Syndrom, CRPS SB7 Erkrankungen mit Gefäß-, Muskel- und Bindegewebsbeteiligung, insb. Systemische Erkrankungen EN1 ZNS-Erkrankungen, Entwicklungsstörungen längstens bis zur Vollendung des 18. LJ., EN2 ZNS-Erkrankungen nach Vollendung des 18.LJ. EN3 Rückenmarkserkrankungen EN4 Periphere Nervenläsionen PS1 Entwicklungsstörungen, Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in Kindheit und Jugend |
1) der Funktionen der Bewegung (z.B. willkürlicher und unwillkürlicher Bewegungsreaktionen, Rechts-Links-Koordination, Auge-Hand-Koordination) 2) der propriozeptiven Funktionen 3) der vestibulären Funktionen 4) der mit den Hör- und vestibulären Funktionen verbundenen Empfindungen, z.B. Schwindel 5) der Funktion der Wahrnehmung (z.B. auditiv, taktil, räumlich-visuell, sensorische Integration) 6) der Sinnesfunktionen bzgl. Temperatur und anderer Reize (z.B. Temperatur-, Vibrations-, Druck- und Berührungsempfinden oder Wahrnehmung schädlicher Reize) 7) der Funktion des Tastens 8) der Selbstwahrnehmung und des Körperschema 9) der Durchführung komplexer Bewegungshandlungen 10) der psychomotorischen Funktionen (psychomotorische Kontrolle und Qualität der psychomotorischen Funktionen) 11) der Funktionen des Sehens und das Gesichtsfeld 12) spezifischer mentaler Funktionen wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit 13) der Funktionen der Nahrungsaufnahme (Kauen, Schlucken usw.) 14) der emotionaler Funktionen |
Einschränkungen der Alltagsbewältigung in individuell wichtigen Lebensbereichen, wie 1) im Bereich Lernen und Wissensanwendung 2) im Bereich der Allgemeinen Aufgaben und Anforderungen 3) im Bereich der Selbstversorgung 4) im Bereich der Mobilität/Bewegung/ Beweglichkeit/Geschicklichkeit im Alltag (z.B. sich fortbewegen - mit/ohne Hilfs-/Verkehrsmittel, Dinge greifen, heben, tragen, Hand- und Armgebrauch, feinmotorischer Handgebrauch 5) im Bereich der Interaktion und Kommunikation 6) im Bereich des Verhaltens 7) im Bereich des häuslichen Lebens 8) im Bereich der allgemeinen und besonderen interpersonellen Beziehungen |
Therapeutische Wirkungen
1) Stabilisierung/Aufbau der Sensibilität verschiedener Modalitäten
a) Temperatur-, Druck- und Berührungsempfinden
b) Propriozeption
c) Vibrationsempfinden
d) Stabilisierung/Aufbau der Sinneswahrnehmungen (visuelle, auditive, taktil-haptische Wahrnehmung)
e) Wahrnehmung schädlicher Reize
f) Umsetzung von Sinneswahrnehmungen (sensorische Integration)
2) Entwicklung/Verbesserung der Körperwahrnehmung und des Körperschemas
3) Entwicklung/Verbesserung der Gleichgewichtsfunktionen und der Haltung
4) Beseitigung/Linderung von Schmerzen in einem oder mehreren Körperteilen unterschiedlichen Schmerzcharakters (z.B. brennend, stechend, dumpf)
5) Entwicklung/Verbesserung der Sensomotorik
6) Aufbau/Stabilisierung aktiver Bewegungsfunktionen
a) Grob-/Feinmotorik
b) Willkürmotorik
7) Wiederherstellung /Verbesserung der Koordination
8) Entwicklung/ Verbesserung der psychomotorischen Funktionen und der Praxie
9) Entwicklung/ Verbesserung physiologischer Haltungs-und Bewegungsmuster
a) beim Greifen
b) beim Gehen
10) Bahnung physiologischer Bewegungen und koordinierter Bewegungsabläufe
11) Hemmung pathologischer Bewegungsmuster
12) Verbesserung der Kognition
13) Stabilisierung/Aufbau von Aktivitäten des Gemeinschafts- und sozialen Lebens
Therapeutische Ziele
1) Entwicklung/Wiederherstellung und Erhalt
a) von Aktivitäten zum Lernen und zur Wissensanwendung (z.B. Prophylaxe wahrnehmungs- und sensibilitätsbedingter Störungen komplexer Handlungen)
b) zur Alltagsbewältigung benötigter Aktivitäten unter besonderer Berücksichtigung der Bereiche allgemeine Aufgaben (z.B. Bewältigung von Einzel- und Mehrfachaufgaben, Benutzen von Gebrauchsgegenständen), Selbstversorgung (z.B. Ankleiden, sich Waschen) und häusliches Leben (z.B. Haushaltsführung, Einkaufen, Mahlzeitenzubereitung)
c) der Bewegung und Geschicklichkeit im Alltag (z.B. Greifen, Heben, Tragen, feinmotorischer Hand-und Armgebrauch, grafomotorische Funktionen)
d) der Mobilität im Alltag (z.B. Treppen steigen, ausreichendes Stehvermögen, Sturzprophylaxe, sichere Fortbewegung im Innen-und Außenbereich mit und ohne Hilfsund/oder Verkehrsmitteln)
e) zur Alltagsbewältigung benötigter kognitiver Fähigkeiten
2) Erlernen von Kompensationsstrategien
3) Erlangung von Alltags- und Handlungskompetenzen im Umgang mit Hilfsmitteln, technischen Produkten und Adaptionen des Lebensumfelds, Entwicklung und Verbesserung der Krankheitsbewältigung, Umgang mit Krankheitsfolgen im Alltag, Aufbau von Selbstwirksamkeit
Leistung
Zur Leistung zählen insbesondere:
1) Handlungsorientiertes Training der Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL-/ Selbsthilfetraining) sowie der dazu benötigten Fertigkeiten und Körperfunktionen – je nach Bedarf in therapeutischen, alltagsnahen oder Alltagssituationen oder mit Verfahren der virtuellen Realität (*)
2) Feinmotoriktraining, Grafomotorisches Training
3) Mund- und Esstherapie(*)
4) Interventionen zur Restitution/Verbesserung alltagsrelevanter Körperfunktionen und Fertigkeiten, z.B. Sensibilitätstraining, Explorationstraining, wahrnehmungsfördernde Behandlungsmethoden (*), Sensorische Integrationstherapie, Therapie auf neurophysiologischer Grundlage (z.B. nach Bobath (*)), funktionelle Behandlungstechniken, Spiegeltherapie (*), isoliertes sensomotorisches Üben, repetitives (aufgabenorientiertes) Üben, Bewegungsvorstellung/Imagination, Bewegungsbeobachtung, handwerkliche, spielerische oder gestalterische Behandlungstechniken
5) Stimulation, Stabilisierung und Differenzierung der basalen, sensomotorischen Fähigkeiten (*)
6) Erlernen von Kompensationsstrategien und des Umgangs mit externen Hilfen (z.B. zum Ausgleich von Sensibilitätsstörungen, Gesichtsfeldeinschränkungen/Neglect, von Wahrnehmungsstörungen, von Hemiparese usw.) (*)
7) Achtsamkeitstraining, Entspannungstechniken
8) Verhaltenstherapeutische Techniken
9) Training, Beratung und Schulung im alltagsbezogenen Umgang mit bestehenden Beeinträchtigungen und Umstellung von Handlungsroutinen, ggf. unter Einbeziehung von Angehörigen, Betreuungs- und Pflegepersonen (*)
10) Beratung zur Auswahl, Nutzung von und Training mit Hilfsmitteln, inkl. Alltagshilfen (*)
11) Adaptionen des Lebensumfelds (*)
12) Abstimmung der Therapieziele und -leistungen mit anderen Behandlern bzw. relevanten Dritten
Die mit (*) gekennzeichneten Leistungen können nur als Einzelbehandlung abgegeben werden.
Regelbehandlungszeit:
Richtwert: 45-60 Minuten
Besonderheiten:
Die sensomotorisch-perzeptive Behandlung kann als Beratung zur Integration in das häusliche und soziale Umfeld erbracht werden. Dabei können einmal pro Regelfall bis zu drei Einheiten zusammenhängend als Beratung erbracht und abgerechnet werden. In diesem Falle kommt ergänzend die Ziffer 59932 zur Abrechnung. Dies gilt nicht, wenn die ergotherapeutische Einzeltherapie als Hausbesuch verordnet wurde.