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Ist der Begriff "schulische Gesundheitsberufe" durchaus etwas sperrig, die darunter subsummierten Physio- und Ergotherapeuten, Logopäden, Orthopisten, MTAs, Notfallsanitäter und Diätassistenten sind es mitnichten. So versammeln sich unter dem Begriff #unbezahlt allein in Nordrhein-Westfalen über 900 … aber der Reihe nach:
Wir schreiben das Jahr 2013 und wie üblich kommt die Jugend- und Ausbildungsvertretung (JAV) der Uniklinik Essen in die Klasse der Physiotherapeuten, um nach dem Befinden zu fragen. Und wie üblich klagen die Schüler darüber, dass sie zwar acht Patienten am Tag weitgehend selbstständig behandeln, aber keinen Lohn dafür erhielten.
Für die JAV zunächst: "Same procedure as every year". Was folgt ist fast ein Lehrstück in Kommunikation und genauem Hinhören. Da die JAV fast ausschließlich aus Auszubildenden der Pflege besteht, hören diese jedes Jahr 'Wir kriegen zu wenig für unsere Arbeit!' - bis jemand von den Jugendvertretern einmal realisiert, dass Physiotherapeuten in ihrer Ausbildung nicht einen einzigen Cent bekommen. (Viele sind schon froh, an den Unikliniken nichts für ihre Ausbildung bezahlen zu müssen).
Und so langsam kommen die ersten Steinchen ins Rollen. Die JAV informiert die Gewerkschaft ver.di. Und mit viel Kreativität und Einsatz werden im Frühjahr 2015 die ersten Demonstrationen und Aktionen gestartet. Andere Universitätskliniken schließen sich an. Für Aufsehen sorgt beispielsweise die Aktion 'Wir bluten für unsere Bücher', bei der die Auszubildenden Blut spenden, um sich Fachliteratur leisten zu können.
Um ein großes Ziel zu erreichen, bedarf es allerdings auch starker Verbündeter. Und so ist es ein großer Erfolg als ver.di im Dezember 2016 beschließt, sich der Sache auf Bundesebene in den Tarifverhandlungen anzunehmen. Der erste starke Verbündete ist gewonnen.
Und wie üblich, braucht jede Bewegungung ab einem gewissen Zeitpunkt Gesichter und Personen die für sie stehen. Im Februar 2017 marschiert unter dem Motto "Blank bis auf die Knochen" ein Skelett in der ersten Reihe einer Demonstration. Und wenig später findet sich dieses Skelett - alias Nina Rüter aus Essen - am Verhandlungstisch von ver.di mit der Arbeitgeber-Tarifgemeinschaft TDL wieder.
Dass die Physiotherapeutin und Dennis Schatilow, als Vertreter der MTA's überhaupt Seit' an Seit' mit den Spitzen der Gewerlschaft Frank Bsirske und Wolfgang Pieper mit am Tisch sitzen und der Gegenseite einmal die Realität an der Basis schildern, ist ein Novum. Hier bekommen die beiden Auszubildenden dann allerdings eine "Schnellausbildung" in Politik und Verhandlungsführung. Die Gegenseite - alles sehr erfahrene Verhandlungsführer - äußern zwar Verständnis für das Anliegen der jungen Leute, ziehen sich aber auf einen ihrer Meinung nach bestehenden Interpretationsspielraum des §17 Krankenhausfinanzierungsgesetzes zurück. Sie argumentieren damit, dass sie befürchten, die Kassen würden die Ausbildungsvergütungen nicht wie im Gesetz genannt übernehmen. So fährt Nina Rüter im April 2017 relativ ernüchtert mit dem Zug zurück nach Essen. Sie tröstet sich damit, zumindest ein Treffen mit dem Bundesgesundheitsminister und weitere Verhandlungen mit der TDL vereinbart zu haben.
Und oh Wunder: es kommt tatsächlich im Sommer 2017 zu einem Treffen mit dem Bundesgesundheitsministerium. Und oh Wunder: das Ministerium unterstützt sogar die Forderung nach einem fairen Lohn in der Ausbildung. Nun sind es schon deren zwei an starken Verbündeten: ver.di und der Minister.
Fast vier Jahre nach Start der ganzen Bewegung werden im November 2017 die ersten "Pflöcke eingerammt". In der vereinbarten weiteren Verhandlungsrunde erzielen TDL und ver.di eine grundsätzliche Einigung darüber, allen im Krankenhausfinanzierungsgesetz genannten Ausbildungsberufen eine Ausbildungsvergütung zu bezahlen. Für Dezember 2017 war dann mit der Festlegung der konkreten Höhe und des Startes des Ausbildungslohnes das "Happy End" geplant. Der Initiative #unbezahlt schwebt ein Entgelt vergleichbar der Pflege vor. Das heißt: 1.025 € im ersten, 1.092 € im zweiten und fast 1.200 € im dritten Ausbildungsjahr.
Doch leider ist dies auch eine Geschichte welche von Ausdauer und politischen Unwägbarkeiten handelt. Abschlüsse kann man nur mit einer Vertragspartei tätigen, die über einen Verhandlungsführer verfügt. Dieser war der TDL aber auf Grund der Landtagswahl in Niedersachsen abhanden gekommen. Nun sucht die Arbeitgeberseite einen Nachfolger für Herrn Schneider, dem ehemaligen Finanzminister von Niedersachsen.
Das heißt für alle Beteiligten erneut Ausdauer beweisen und vielleicht mit der ein oder anderen öffentlich wirksamen Aktion den Druck auf die Verhandlungsparteien aufrechtzuerhalten. Im Telefoninterview mit physio.de gefragt 'Was Sie sich denn für die Zukunft wünsche?', antwortet Nina Rüter kurz und knapp: "Mitstreiter".
Mit dieser kleinen (Weihnachts-)Geschichte verabschiedet sich physio.de in die Weihnachtszeit. Wir wünschen all unseren Lesern, Kritikern und Unterstützern ein friedvolles Fest und ein gutes Ankommen im neuen Jahr 2018. Am Montag, den 8. Januar 2018 werden wir uns publizistisch mit dem Artikel "Was ist neu im Jahre 2018?" wieder bei Ihnen zurückmelden.
Friedrich Merz / physio.de
ver.diAusbildungGehalt#unbezahltAusbildungsvergütungWeihnachten2017
Ausbildungsbudgets zu mager? Warum Kliniken Gelder für die Therapeutenausbildung erhalten und trotzdem Schulgeld verlangen : unt
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tom1350 schrieb:
Zu dieser kleinen "Weihnachtsgeschichte" ist folgender Artikel interessant:
Ausbildungsbudgets zu mager? Warum Kliniken Gelder für die Therapeutenausbildung erhalten und trotzdem Schulgeld verlangen : unt
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