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Eingangsbereich des Bundessozialgerichtes in Kassel
Foto: Bundessozialgericht | Dirk Felmeden • Lizenz: CC-BY •Gründe für den Gang in die nächste Instanz
GKV-Spitzenverband
Auf Nachfrage zu seinen Beweggründen, bat der GKV-SV unsere Redaktion um „Verständnis dafür, dass [sie sich] zum jetzigen Zeitpunkt zu den genauen Gründen nicht äußern.“ Dies respektieren wir selbstverständlich; wenngleich wir nicht vollends ausschließen können, dass dies zu Spekulationen in unserer Leserschaft führen kann.
Die maßgeblichen Verbände
Deutlich auskunftsfreudiger gerieren sich diesbezüglich die Berufsverbände. Wie berichtet wehren sich die Verbände gegen die Feststellung der Schiedsstelle, die aktuellen Preise wären wirtschaftlich und leistungsgerecht (vgl. Paragraph 125 Abs. 3).
Sie stützen sich dabei im Wesentlichen auf zwei Sachverhalte:
- Die Schiedsstelle hatte seinerzeit das wirtschaftliche Risiko eines Praxisinhabers mit genau 0 Euro bewertet.
- Bei der Beurteilung der Personalkostenentwicklung legte die Schiedsstelle die Lohnsteigerungen des TVÖDs anstatt die Zahlen der Berufsgenossenschaft (BGW) zu Grunde.
Beides wurde von den Verbänden zwar vor dem Landessozialgericht juristisch angegriffen. Doch das LSG stieg nicht in die inhaltliche Bewertung der Sachlage ein. Vielmehr zog es sich auf das formale Argument zurück, dass die Schiedsstelle vom Gesetzgeber einen sehr weiten Spielraum eingeräumt bekommen und diesen nicht überschritten hätte. Und genau wegen dieser Verweigerung einer inhaltlichen Bewertung wählt man jetzt den Gang vor das Bundessozialgericht in Kassel.Konsequenzen auf die Zahlbeträge
Ob der „warme Regen“ in Form von Ausgleichszahlungen für die falsch bemessen „Zahlbeträge“ demnächst in den Praxen ankommt, ist fraglich. Momentan umstritten unter Juristen ist die sog. „hemmende Wirkung“ einer solchen Revision. Während mancher Verbandsjurist von genau einem solchen Szenario ausgeht, sehen andere sehr wohl eine Möglichkeit, sowohl in Revision zu gehen als auch die Auszahlung dieses finanziellen „Nachschlages“ durchzusetzen.
Erfolgsaussichten der Revision
Ebenfalls sehr unterschiedlich bewerten handelnde Akteure die Erfolgsaussichten dieser Revision.
Die Kassandras unter den Verbandsfunktionären stehen auf dem Standpunkt: „Genau aus diesem Grunde wurden die Schiedsstellen vom Gesetzgeber ja ins Leben gerufen und mit großem Ermessenspielraum ausgestattet, dass eben nicht alles und jedes immer vor dem obersten Gericht landen muss. Man will die Justiz damit entlasten. Und das BSG wird genau in diesem Geiste auch handeln und die Revision zurückweisen!“
Dem halten besonnene Geister innerhalb der Verbände entgegen: „Die inhaltliche Nichtbewertung der Wirtschaftlichkeit durch das LSG BB hat eine solch große Bedeutung auf die Normensetzung, dass eine höchstrichterliche Befassung damit durchaus angebracht und angezeigt ist.“
Zeitlicher Horizont der Verfahrens
Natürlich fragen sich nun alle Therapeuten, wann dieser Kasus nun endlich ein für alle Mal entschieden sein wird. Und auch hier müssen wir zu unserer Unzufriedenheit vermelden, dass dies keiner so genau weiß. Das Verfahren vor dem LSG BB zog sich über ca. zweieinhalb Jahre hin. Der Großteil unserer Gesprächspartner geht von einem ähnlichen Zeithorizont aus. Aber uns wurde in Hintergrundgesprächen eben auch ein Zeitraum von bis zu acht (!) Jahren genannt.
Chancen und Risiken
Nicht verschwiegen werden von den Verbänden sowohl die Chancen als auch die Risiken des eingeschlagenen Weges.
Risiken
Wenn das LSG höchstrichterlich zu einer inhaltlichen Bewertung der Frage „Was sind leistungsgerechte und wirtschaftliche Preise?“ verdonnert wird, kann es eben auch sein, dass es beispielsweise einen Parameter zu Ungunsten der Physiotherapeuten verändert. Was schlussendlich eine Absenkung der Vergütungspreise zur Folge hätte.
Chancen
Sollte in einer inhaltlichen Bewertung jedoch festgestellt werden, dass der Argumentation der Verbände zu folgen ist, sind höhere Vergütungen für Therapeuten die Konsequenz.
Abwägen von Chancen und Risiken
Die kommunizierte Abwägung der Verbände lässt sich wie folgt übersetzen: Wir sehen die Risiken. Aber wenn wir jetzt nicht handeln, dann war's das. Dann ist die strangulierende Wirkung des Schiedsspruches für immer zementiert. Daher gehen wir "all in".
Antworten auf die offenen Fragen
In unserem letzten Artikel zum Urteil des Landessozialgerichtes waren noch einige Fragen offen, die wir jetzt beantworten können.
Obwohl das Gericht in der mündlichen Verhandlung noch etwas anderes andeutete, zeigte es sich schließlich bei seinem Kostenfestsetzungsbeschluss gnädig. Die Höhe des Streitwertes wurde auf einen sechsstelligen Betrag festgelegt, was zu vertretbaren Gerichtskosten für den einzelnen Verband in vierstelliger Höhe führt.
Da sich die Gerichtskosten der Revision ebenfalls nach diesem Kostenfestsetzungsbeschluss richten werden, erleichterte dies vielleicht die Entscheidung, in Revision zu gehen.
Unsere Recherchen ergaben, dass es zu keinem „solidarischen Ausgleich“ unter den Verbänden kommen wird. Zur Begründung wird angeführt, dass nicht die Gerichts-, sondern die Anwaltskosten den Löwenanteil der Ausgaben darstellen. Und letztere hätte man ab dem Zeitpunkt der zweiten (gemeinsamen) Klage eh zu gleichen Teilen getragen. Offen bleibt die Frage, wie hoch wohl die anwaltlichen Kosten zur Vorbereitung und Durchführung der erfolgreichen ersten Klage im April 2021 für den VDB und den IFK waren?
Kleiner Fakt am Rande
Neben den Physiotherapeuten klag(t)en ja auch die Ergotherapeuten gegen „ihren“ Schiedsspruch. Nachdem nun aber der größere der beiden Ergotherapieverbände, namens DVE, seine Klage für erledigt erklärt hat, ist er der einzige Verband, der diesbezüglich nicht „in die Offensive“ gegangen ist. Ob ihm dies eines Tages „auf die Füße fallen wird“ oder am Ende einmal „zu Ehre gereichen wird“, lässt sich heute allerdings nicht sagen.
Friedrich Merz / physio.de
Erratum:
In einer älteren Version des Artikels schrieben wir davon, dass der DVE „seine Klage zurückgezogen“ hätte. Dies war juristisch nicht richtig. Der DVE hat seine Klage nicht "zurückgezogen", er hat sie für "erledigt erklärt".
Wir bitten daher den DVE an dieser Stelle für unsere „laienhaften oder sogar unrichtigen Darstellungen“ (Zitat Dr. Karin Althaus-Grewe, Justitiarin des Deutschen Verbandes Ergotherapie e.V) um Entschuldigung und danken ihm gleichzeitig für das redaktionelle Gegenlesen.
KlageUrteilVerbändeGKV-SpitzenverbandIFKVDBDVESchiedsverfahren
Interessant wäre einmal eine Gegenüberstellung der Preisberechnung auf der jeweiligen Grundlage Steigerung Gehälter BGW und Steigerung Gehälter TVöD. Mit den Sonderzahlungen im öffentlichen Bereich wird der Unterschied minimal sein. Und so wie es aussieht auch bleiben.
Ihr möchtet das unternehmerische Risiko abgebildet haben? Ist das in der GKV üblich, z.B. Medikamentenpreise, Pauschalen der Ärzte, Preise Hilfsmittel? Ansonsten wird das unternehmerische Risiko und die Arbeit durch die Angestellten fürstlich entlohnt. So funktionieren „Frauenberufe".
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Eine fürstliche Entlohnung des unternehmerischen Risikos spiegelt sich nirgendwo wider. Insbesondere der Sparkassenreport zeigt sehr deutlich die Finanzentwicklung auf und stellt fest, dass die Mehrzahl der Praxen nur durch die Arbeit des PI überhaupt ausreichend Gewinne erwirtschaftet.
Es gilt das Prinzip Selbstausbeutung.
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Jens Uhlhorn schrieb:
Wenn das unternehmerische Risiko null ist, hätte es 2020 keinen Rettungsschirm geben müssen.
Eine fürstliche Entlohnung des unternehmerischen Risikos spiegelt sich nirgendwo wider. Insbesondere der Sparkassenreport zeigt sehr deutlich die Finanzentwicklung auf und stellt fest, dass die Mehrzahl der Praxen nur durch die Arbeit des PI überhaupt ausreichend Gewinne erwirtschaftet.
Es gilt das Prinzip Selbstausbeutung.
ich verstehe nicht, wieso der Unterschied TVÖD und Praxen minimal sein soll? Er ist massiv und wird auch deutlich bleiben. Wieso die Schiedsstelle 7 irgendwas bestimmt hat, würde ich gern nachvollziehen können. Warum die Verbände da auch nicht drauf reagiert haben, verstehe ich auch nicht. Persönlich kenne ich niemanden, der so schlecht eingruppiert ist. Da der Fachkräftemangel ja massiv ist, haben einige Häuser ihre Einstufung hochgesetzt. Bleibt also eine ernsthafte Konkurrenz zur Praxis bei in der Regel weniger Arbeitsdruck. Kenne auch keine Therapeuten, die den Wechsel von einer Praxis ins Krankenhaus bereuen und wenn könnten sie ja jederzeit zurück…
Ebenso das Risiko eines PI gleich 0 so ein Schwachsinn! Dass die Schiedsstelle nichts belegen muss, ist schon krass. Ebenso Praxisausrüstung für 40000, wenn man mal auf ein paar Messen war, muss man damit schon gut kalkulieren können..
Bleibt wirklich nicht erfreulich, dass jetzt all in gegangen wird, ist an sich die einzige Option den Beruf zu retten.
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doreens schrieb:
Hallo
ich verstehe nicht, wieso der Unterschied TVÖD und Praxen minimal sein soll? Er ist massiv und wird auch deutlich bleiben. Wieso die Schiedsstelle 7 irgendwas bestimmt hat, würde ich gern nachvollziehen können. Warum die Verbände da auch nicht drauf reagiert haben, verstehe ich auch nicht. Persönlich kenne ich niemanden, der so schlecht eingruppiert ist. Da der Fachkräftemangel ja massiv ist, haben einige Häuser ihre Einstufung hochgesetzt. Bleibt also eine ernsthafte Konkurrenz zur Praxis bei in der Regel weniger Arbeitsdruck. Kenne auch keine Therapeuten, die den Wechsel von einer Praxis ins Krankenhaus bereuen und wenn könnten sie ja jederzeit zurück…
Ebenso das Risiko eines PI gleich 0 so ein Schwachsinn! Dass die Schiedsstelle nichts belegen muss, ist schon krass. Ebenso Praxisausrüstung für 40000, wenn man mal auf ein paar Messen war, muss man damit schon gut kalkulieren können..
Bleibt wirklich nicht erfreulich, dass jetzt all in gegangen wird, ist an sich die einzige Option den Beruf zu retten.
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Luiselou schrieb:
Auch Angestellte haben ein Risiko nicht mehr in ihrem Beruf, für den sie hohe Investitionen getätigt haben, arbeiten zu können. Ich kenne nicht eine Therapeutin, die sich eine anständige Berufsunfähigkeitsversicherung leisten kann.
Kollegin von dem neuen Laden wo ich bin meinte sie hätte vor knappem Jahr noch 2k Brutto bei Ihrem ersten AG in Vollzeit bekommen.
Bin jetzt kein Menschen Feind aber dem AG würde ich gerne - ...
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PT-Nik schrieb:
@Luiselou Dann bin ich der Erste mit vernünftiger BU.
Kollegin von dem neuen Laden wo ich bin meinte sie hätte vor knappem Jahr noch 2k Brutto bei Ihrem ersten AG in Vollzeit bekommen.
Bin jetzt kein Menschen Feind aber dem AG würde ich gerne - ...
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helmingas schrieb:
@Luiselou frag mal nen PI ob der sich eine leisten kann, du netter Mensch
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Inche schrieb:
Ich als Pi habe eine Bu die ich an meine Bedürfnisse anpassen kann.Das werde ich jetzt auch mal in ankriff nehmen.
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physiox100 schrieb:
@doreens Angesichts der Schieflage in der sich viele Krankenhäuser befinden, wäre ich mir derzeit nicht sicher, ob die Krankenhäuser derzeit die sicherste Stelle sind. Da wird eine massive Korrektur kommen. Derzeit werden ja viele Häuser durch Kommunen bzw. Städte mit Millionen gestützt. Mittlerweile wird auch gegen diese Unterstützung geklagt. Dazu kommt eine forcierte Ambulantisierung. Bei uns wird überlegt die Physiotherapie auf das absolute Minimum zu reduzieren, d.h. nur noch dort wo es für Zertifikate oder Abrechnung notwendig ist. Auf Stationen wie Innere oder Chirurgie sollen doch eher die Pflegekräfte ein wenig Aktivierung machen, da die übers Pflegebudget bezahlt werden. Müsste man aber auch erstmal das Personal dafür haben.
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Dorsovolar schrieb:
@Luiselou Da müsste ich aber doch mal fragen, was in Deinen Augen eine vernünftige BU ist/diese beinhalten sollte und wieviel sie kosten soll...
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Problem beschreiben
Luiselou schrieb:
Beim GKV Spitzenverband brauchen wir nicht lange zu spekulieren. Die neue Macht der Schiedsstelle schmeckt ihnen gar nicht. Das sind die ja auch bisher nicht gewohnt.
Interessant wäre einmal eine Gegenüberstellung der Preisberechnung auf der jeweiligen Grundlage Steigerung Gehälter BGW und Steigerung Gehälter TVöD. Mit den Sonderzahlungen im öffentlichen Bereich wird der Unterschied minimal sein. Und so wie es aussieht auch bleiben.
Ihr möchtet das unternehmerische Risiko abgebildet haben? Ist das in der GKV üblich, z.B. Medikamentenpreise, Pauschalen der Ärzte, Preise Hilfsmittel? Ansonsten wird das unternehmerische Risiko und die Arbeit durch die Angestellten fürstlich entlohnt. So funktionieren „Frauenberufe".
20 Minuten mit vielen multimorbiden Menschen, die natürlich Zeit brauchen, sind absolut realitätsfern.
Das muss jetzt schnell gehen liebe Verbände und Herr Lauterbach!
Sonst bin ich raus!
Ist Lauti egal, der hat ja ausgesorgt.
Ich bin sehr sauer!
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Problem beschreiben
brigitte nellißen schrieb:
Wir brauchen eine bessere Vergütung und bessere Arbeitsbedingungen.
20 Minuten mit vielen multimorbiden Menschen, die natürlich Zeit brauchen, sind absolut realitätsfern.
Das muss jetzt schnell gehen liebe Verbände und Herr Lauterbach!
Sonst bin ich raus!
Ist Lauti egal, der hat ja ausgesorgt.
Ich bin sehr sauer!
Und ich bin der gleichen Meinung, ändert sich nichts, werden die jungen Kollegen spätestens nach fünf Jahren sich umorientieren und die älteren Kollegen hören aus gesundheitlichen Gründen und Frustration auf. Schade um unseren schönen Beruf.
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Freja schrieb:
Ja, diese neue, überdimensionale Welle an multimorbiden Menschen gab es nie zuvor in der Physiotherapie. Da wo Pflegekräfte fehlen wird jetzt in die Physiotherapie verschoben. Kein Berufsstand kann den anderen ersetzen. Klar muss auch sein, ständiger Zeitmangel, schlechte Vergütung, Digitalisierung, die alles wieder verkompliziert und viele ältere KollegenInnen ab 40, die selbst schon angeschlagen sind, sowohl psychisch und physisch werden das System auch nicht mehr aufrecht erhalten können.
Und ich bin der gleichen Meinung, ändert sich nichts, werden die jungen Kollegen spätestens nach fünf Jahren sich umorientieren und die älteren Kollegen hören aus gesundheitlichen Gründen und Frustration auf. Schade um unseren schönen Beruf.
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