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Aber auch von einschüchternden Schreiben an ÄrztInnen wird häufig gesprochen. Und das, obwohl es in Paragraf 3 Absatz 10 Satz 2 des Bundesrahmenvertrages heißt: „Gleichzeitig dürfen weder der Leistungserbringer noch die Krankenkassen von sich aus die Ärztin oder den Arzt in ihrer oder seiner Verordnungsweise aus eigenwirtschaftlichen Überlegungen beeinflussen (vgl. § 128 SGB V).“
Doch auch gegenüber PatientInnen scheinen diese Gepflogenheiten keine Seltenheit zu sein. Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) hat in seinem aktuellen Bericht gleich elf Kassen ermittelt, die wohl durch einschüchternde Anrufe und irreführende Schreiben auf ihre Versicherten Einfluss nahmen.
Zum Hintergrund
Einige Gesundheitsleistungen gehören nicht direkt zur Regelversorgung. Neben den umstrittenen IGeL-Leistungen gibt es auch Behandlungen, die auf Antrag von der GKV erstattet werden müssen. Letztes Jahr berichteten wir beispielsweise über den Kampf um die Liposuktion. Die Kosten für diese Behandlung müssen bei entsprechender Indikation von den Krankenkassen übernommen werden (wir berichteten). Aber auch Reha-Maßnahmen und Hörgeräte sind antragspflichtig. Und genau in solchen Fällen führt der Weg für Betroffene oft bis vor Gericht.
Um Klagen zu verhindern, haben mindestens elf Krankenkassen (siehe untenstehende Liste) über Jahre hinweg durch Täuschung, Fehlinformation und Einschüchterung ihre PatientInnen von Widersprüchen abbringen wollen. Das berichtet das Bundesversicherungsamt in seinem 164‑seitigen Tätigkeitsbericht 2022.
Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS)
Das BAS ist eine kleine und relativ unbekannte Behörde. Es fungiert als Aufsichtsbehörde für die gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen sowie für die Renten- und Unfallversicherung. Es verwaltet unter anderem den Gesundheitsfond und die Krankenhauszukunftsfonds. Außerdem organisiert das Bundesamt den Risikostrukturausgleich (RSA) und schafft so eine finanzielle Gleichbehandlung der verschiedenen Versicherungsträger.
Die Vorwürfe
Bereits auf Seite 17 des Tätigkeitsberichts wird von „zahlreichen Rechtsproblemen“ gesprochen. Diese beziehen sich auf das Verhalten der GKV bei der Bearbeitung von Widersprüchen und werden „immer wieder“ festgestellt. Zur Ermittlung wurden kasseninterne Arbeitsanweisungen herangezogen. Ein Großteil der Anweisungen sah eine oder mehrere telefonische Kontaktaufnahmen der Mitarbeiter mit den Versicherten vor. Diese sollten zum Ziel haben, „diese Versicherten zu motivieren, ihren Widerspruch zurückzunehmen“. Dabei wurden die Versicherten nicht ausreichend über die Rechtsfolgen einer Rücknahme des Widerspruchs belehrt.
Auch wurde durch irreführende Schreiben der Eindruck erweckt, dass eine Ablehnung des Widerspruchs bereits beschlossene Sache sei. In einigen Fällen wurden Fristen gesetzt mit der Aufforderung, eine Erklärung abzugeben, ob der Widerspruch überhaupt aufrechterhalten werden soll. Dieses Vorgehen ist nicht nur fragwürdig, sondern auch rechtswidrig. In der Regel hat der Widerspruchsausschuss den Fall noch nicht erhalten. Ist ein Widerspruch erhoben, gilt er ohne weitere Bestätigung, wenn er nicht aktiv zurückgezogen wird. Entsprechende Anfragen müssen nicht beantwortet werden.
Die zusätzlichen Kontaktaufnahmen verlängern zudem auch die Dauer der Widerspruchsverfahren. Einige Krankenkassen haben überhaupt keine Arbeitsanweisungen für die Bearbeitung von Widersprüchen herausgegeben, obwohl dies gesetzlich vorgeschrieben ist.
Konsequenzen?
Das BAS hat in seiner Position als Aufsichtsbehörde nun den Dialog mit den Versicherungen gesucht. Die erste Auflage beinhaltet die Anpassung der Arbeitsanweisungen. Schriftstücke mit rechtswidrigen Aufforderungen und Fristen sollen abgeschafft werden. Laut dem Bericht soll der Kontakt zukünftig auch nur noch von den PatientInnen ausgehen. Proaktives Handeln der KassenmitarbeiterInnen in der bisherigen Form soll somit abgestellt werden. Die Verfahrensdauer soll dadurch wieder verkürzt werden.
Von Sanktionen bei Nichteinhaltung oder Fristen für die Umsetzung der Auflagen ist nicht die Rede. Es bleibt somit abzuwarten, ob und wann dieses rechtswidrige Vorgehen endet. Denn bereits 2018 und 2020 wurden Rundschreiben von dem BAS verfasst und an die betroffenen Kassen versandt. Offenbar ohne nennenswerten Erfolg.
Die Kassen
Da das BAS die „bundesunmittelbaren Träger“ beaufsichtigt, kann kein vollständiges Bild der einzelnen (kleinen) Kassen erstellt werden. So ist unklar, ob die elf im Bericht genannten Krankenkassen die einzigen Kostenträger sind, die solche Einschüchterungspraktiken anwenden.
Namentlich werden im Tätigkeitsbericht 2022 folgende Krankenkassen genannt:
Was sagen die Kassen selbst dazu?• BARMER
• BKK Herford Minden Ravensberg (heute Melitta BKK)
• BKK Freudenberg
• BKK Pfalz
• BKK Wirtschaft & Finanzen
• BKK VBU
• IKK classic
• Knappschaft
• mhplus BKK
• SBK
• TK
Die TK bestätigt Gespräche mit dem BAS und die Arbeitsanweisungen seien bereits angepasst worden, so eine Sprecherin. Die Rundschreiben 2018 und 2020 „haben die TK aber nicht betroffen“, so die Sprecherin weiter. Die IKK classic weist die Vorwürfe zurück und äußert sich pauschal. „Die Einhaltung von Recht und Gesetz ist selbstverständlich Grundsatz der IKK classic.“ Dies gelte seit jeher auch für die Arbeitsanweisungen zum Widerspruchsverfahren. Die BARMER hat nach eigenen Angaben keinen Kontakt mit dem BAS zu diesem Thema gehabt. Auch andere Kassen zeigen sich von den Vorwürfen überrascht. Der Vorstandsvorsitzende der BKK Pfalz, Hans-Walter Schneider, rechtfertigt das Vorgehen wiederum. „Im Falle eines Widerspruchs ist es häufig sinnvoll, Rücksprache mit den PatientInnen zu halten, um beispielsweise mehr Nachweise anzufordern." Er nimmt damit keinen Bezug zu den eigentlichen Anschuldigungen.
Martin Römhild / physio.de
KrankenkassenGKVBetrugBarmerIKKBKKTK
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MikeL schrieb:
Als nicht "bundesunmittelbare Träger" fliegen einzelne AOKen hier offensichtlich unter dem Radar, weil sie nur auf Landesebene organisiert sind. Lege ich aber die Beschwerden zugrunde, die uns in der Praxis immer wieder von unseren Patienten zugetragen werden, scheinen es gerade die AOKen zu sein, bzw. für meinen Praxissitz die AOK Hessen, die regelmäßig in der beschriebenen Weise auf ihre Versicherten einwirkt.
Ob diese Telefonate, wie sonst üblich um den "Service" zu verbessern, auch aufgezeichnet werden??
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Ob diese Telefonate, wie sonst üblich um den "Service" zu verbessern, auch aufgezeichnet werden??
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MikeL schrieb:
Eva schrieb am 29.08.2023 08:21 Uhr: joyjoyjoy
Ob diese Telefonate, wie sonst üblich um den "Service" zu verbessern, auch aufgezeichnet werden??
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Shia schrieb:
You made my Day 😂
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Platina schrieb:
@MikeL bestimmt nicht. Dann könnten sie einen ja nicht bedrohen und Halbweisheiten erzählen 😉
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Eva schrieb:
"Ein Großteil der Anweisungen sah eine oder mehrere telefonische Kontaktaufnahmen der Mitarbeiter mit den Versicherten vor. Diese sollten zum Ziel haben, „diese Versicherten zu motivieren, ihren Widerspruch zurückzunehmen“. Dabei wurden die Versicherten nicht ausreichend über die Rechtsfolgen einer Rücknahme des Widerspruchs belehrt."
Ob diese Telefonate, wie sonst üblich um den "Service" zu verbessern, auch aufgezeichnet werden??
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Lars van Ravenzwaaij schrieb:
Platina schrieb am 29.08.2023 18:04 Uhr:Wo können sich Betroffene melden, wenn ihre Kasse nicht dabei ist ? Wie im Beitrag vermeldet: Startseite - www.bundesamtsozialesicherung
Bitte die Patienten auch Beschwerden lassen, wenn die Krankenkassen bei der Therapeutensuche auf stur setzt und nicht hilft.
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Shia schrieb:
Ganz unten ist ein Beschwerdeformular.
Bitte die Patienten auch Beschwerden lassen, wenn die Krankenkassen bei der Therapeutensuche auf stur setzt und nicht hilft.
Ja, soweit hab ich noch nicht gedacht.
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Platina schrieb:
Danke. Ich habe einige Patienten die bedroht worden sind im Krankgeld, weil sie ja zu faul sind zu arbeiten und sich auf dem Krankengeld nur ausruhen möchten. Dazu gehörten große Schulter OPs bis hin zu Totgeburt des eigenen Kindes. finde da muss dringend gemeldet werden.
Ja, soweit hab ich noch nicht gedacht.
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suse191 schrieb:
Ja traurig aber wahr... Auch ich habe solche Berichte von meinen Patienten gehört... Auch bei Krebserkrankungen... Aber vielleicht werden in den Augen der GKVen die Patienten mit mehr Disstress und psychischem Druck schneller "gesund"... Ironie pur, Kontraproduktiver geht es wirklich nicht mehr!!!
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Platina schrieb:
Wo können sich Betroffene melden, wenn ihre Kasse nicht dabei ist ?
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