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Demenz hat viele Gesichter, die häufigste Form ist laut WHO die Alzheimer-Erkrankung, die einen Anteil von 60 bis 70 Prozent ausmacht. Die Frontotemporale Demenz (FTD), inklusive der seltenen Pick-Krankheit, hat dagegen nur einen Anteil von fünf bis sieben Prozent. Allerdings zeigen präsenil schon 75 Prozent der Erkrankten Symptome. Deshalb ist diese Demenzform zwischen dem 45. und 65. Lebensjahr häufiger als andere zu finden.
Physiologisch degenerieren bei der FTD Nervenzellen im Stirnlappen. Besondere Symptome sind Persönlichkeitsveränderungen, asoziale Verhaltensweisen, später Antriebsverlust und Verödung der Sprache. Das Gedächtnis und die Orientierungsfähigkeit bleiben dagegen lange gut erhalten. Zwei Prominente stehen deshalb in der Wissenschaft unter Verdacht, an einer spezifischen FTD, der Pick-Erkrankung, zu leiden.
Der eine ist Ludwig II. von Bayern. Nach Öffnung einiger Dokumente des Geheimen Hausarchivs der Wittelsbacher, deutet alles darauf hin, dass es sich bei ihm nicht um eine Schizophrenie gehandelt hat, sondern um eine schizoide Persönlichkeitsstörung. Da der Autopsiebefund eine bilaterale Frontalhirnatrophie ergab, vermuten die Wissenschaftler hier eine beginnende FTD.
Eine zweite, noch sehr lebendige Berühmtheit musste sich ebenfalls die Ferndiagnose eines Morbus Pick gefallen lassen. Donald Trump weist laut amerikanischen Psychiatern eindeutige Symptome wie impulsives, taktloses Verhalten, verbale Entgleisungen, die Neigung zum sozialen Fauxpas, fehlende Empathie, eine manchmal auffällige, ungelenke Motorik und eine undeutliche, schwer zu verstehende Sprache auf. Außerdem sei sein Wortschatz deutlich begrenzt und er rede nicht mehr so flüssig wie früher.
An Donald Trump sieht man die Schwierigkeit der Diagnosesicherung. Und auch wenn der aktuelle Präsident von Amerika ein „großartiges Gesundheitszeugnis“ bescheinigt bekommen hat und er vielleicht einfach schon so auf die Welt gekommen ist, ähneln seine Verhaltensweisen sehr denen von FTD-Erkrankten. Aber es zeigt auch, dass nicht alle, die sich schlecht benehmen, krank sind.
Die FTD hat einen schleichenden Beginn und eine langsame Progredienz. Damit unterscheidet sie sich von der Alzheimer-Erkrankung. Das Verhalten und die Sprache sind gestört. In einer besonderen Form kommt es zu Motoneuronen-Erkrankungen wie Hyperreflexie, Muskelschwäche und Spastik. Hier wird vom FTD-ALS-Komplex gesprochen. Rund 20 Prozent zeigen motorische Symptome wie bei Morbus Parkinson.
Von anderen neurodegenerativen Erkrankungen wie Durchblutungsstörungen, die durch Schlaganfall auch geschädigte Nervenzellen und ähnliche Muster wie bei Alzheimer aufweisen, muss die FTD abgegrenzt werden. Bei der Alzheimer-Erkrankung wiederum schrumpft das Hirn auch in den tiefen Schichten und lässt sich in einem späten Stadium im MRT gut erkennen. Im Vordergrund stehen hier Gedächtnis- und Orientierungsverlust. Differenzialdiagnostisch zur FTD hat Morbus Parkinson vor allem eine motorische Komponente mit möglichen Hirnleistungsstörungen, aber ohne Spracheinschränkung. Die Lewy-Körperchen-Krankheit kommt wie Alzheimer daher, allerdings begleitet von optischen Sinnestäuschungen und der Neigung zu Stürzen. Physiologisch kommt es hier zu Einschlusskörpern (Lewy-Körper) in zahlreichen Nervenzellen.
Die Frühdiagnose bei FTD ist schwierig, weil das Erscheinungsbild nicht sehr spezifisch ist. Ein frühes Symptom ist die Apathie, leider auch eine fehlende Krankheitseinsicht, was den Gang zum Arzt verzögert. Oft geht, wie bei Alzheimer auch, eine mehrjährige asymptomatische Phase voraus. Eine ursachengesteuerte Therapie gibt es bis jetzt nicht. In Frage kommen medikamentös vor allem Neuroleptika. Alles andere ist noch in der Forschung. So bleiben die Begleitung der Angehörigen und der Schwerpunkt weiterhin auf den Heilmittelerbringern.
Nebenbei: In Hinsicht auf die monatelangen Querelen in Berlin, ausgelöst durch das deutsche Innenministerium, musste sich Horst Seehofer ebenfalls den Verdacht auf eine frontotemporale Demenz gefallen lassen. Symptomatisch ähnelte sein Persönlichkeitsbild zeitweilig dem des amerikanischen Präsidenten. Seehofer konterte: „Solange keiner sagt, du wirst tattrig…“, und beendete damit die Diskussion um sein Karriereende. Böse Stimmen verwiesen auf das Symptom der fehlenden Krankheitseinsicht. Somit sieht sich die psychiatrische Medizin auch bei der FTD wieder einmal mit dem Problem konfrontiert, zwischen Krankheitsgeschehen und Persönlichkeit zu unterscheiden. Speziell im politischen Machtgebaren zeigt sich hier viel Klärungsbedarf.
Ul.Ma. / physio.de
Demenz
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