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Auf Visite am Krankenbett bleibt einer Ärztin wenig Zeit für ausgiebige Kommunikations-Strategien; aber der Theorie nach, wäre es bereits hilfreich, wenn sie sich setzen würde, um Informationen von Angesicht zu Angesicht austauschen zu können. Ob das funktioniert und welche Rolle die Position eines Stuhls im Zimmer dabei spielt, zeigt eine neue Studie aus dem British Medical Journal.
Stühle rücken
Insgesamt 51 Ärztinnen und Ärzte nahmen an der Studie teil. Ihnen wurde mitgeteilt, dass es sich bei der Studie um eine Beobachtungsstudie handele, die den Medizinstudenten im Forschungsteam die Möglichkeit geben sollte, ihr Verhalten auf Station zu verbessern. Das war natürlich gelogen. Denn die Forschungsgruppe wollte eigentlich herausfinden, wie die bloße Position eines Stuhls im Zimmer die Interaktion zwischen ÄrztIn und PatientIn beeinflusst.
Die PatientInnen, die ebenfalls nichts vom eigentlichen Ziel des Experiments wussten, wurden zufällig in zwei Gruppen aufgeteilt: In einer Gruppe wurde ein Stuhl in einem Abstand von weniger als 90 Zentimetern zum Bett platziert, während in der anderen Gruppe der Stuhl an seinem üblichen Ort abseits des Bettes stehen blieb.
Diese kleine Änderung beeinflusste das Verhalten der ÄrztInnen maßgeblich: Stand der Stuhl in der Nähe des Pflegebettes, setzten sich 63 Prozent der ÄrztInnen während des Gesprächs hin. Nur acht Prozent begaben sich hingegen auf Augenhöhe, wenn der Stuhl sich nicht in Reichweite des PatientInnenbettes befand.
Hypothese bestätigt
Die Befragung der PatientInnen ergab, dass diejenigen, deren ÄrztInnen während der Konsultation saßen, höhere Zufriedenheitswerte verzeichneten. Sie fühlten sich besser über ihre Behandlungspläne informiert und hatten mehr Vertrauen in ihr Gegenüber. Durchschnittlich erzielten sie auf einem Fragebogen für die PatientInnenzufriedenheit (Tool to Assess Inpatient Satisfaction with Care from Hospitalists, TAISCH) einen 3,9 Prozent höheren Punktwert. Auf einem zweiten Fragebogen (Hospital Consumer Assessment of Healthcare Providers and Systems, HCAHPS) gaben 97 Prozent der PatientInnen, die mit sitzenden ÄrztInnen kommunizierten, die bestmögliche Punktzahl an. Wenn PatientInnen zum Behandler „aufschauen“ mussten, kreuzten nur 85 Prozent die bestmögliche Punktzahl an.
Die Maßnahme führte entgegen der Erwartung nicht dazu, dass die Konsultation länger dauerte – die Dauer des Gesprächs war in beiden Gruppen nahezu identisch.
Übertragbarkeit unsicher
Verhaltens-Experimente sind durch vielerlei Faktoren beeinflussbar, daher ist noch nicht sicher, ob die Ergebnisse aus der Studie aus nur einem Krankenhaus auch wirklich generalisierbar sind. Vor allem die teilweise große Streuung der Daten lässt Zweifel übrig. Zum Beispiel sagt die Studie, dass die Wahrscheinlichkeit sitzend eine perfekte Zufriedenheitsbewertung im HCAHPS zu bekommen, zwischen ein- und 25-mal höher sein könnte, als das Gespräch stehend zu führen. Eine riesige Spannweite also, in der sich der „wahre“ Wert verstecken könnte.
Plädoyer des Autors
Im Zweifel kann in diesem Fall aber für die „Angeklagten“ plädiert werden. Sich einen Stuhl zu nehmen und zu setzen, kostet kein Geld und wenig Zeit. Und jetzt mal ehrlich, wer will schon auf seine PatientInnen hinabblicken? Auf Augenhöhe zu kommunizieren, fühlt sich sowohl für ÄrztInnen im Krankenhaus als auch für PhysiotherapeutInnen in der Praxis sehr viel besser an.
Daniel Bombien / physio.de
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