B. Grundsätze der Heilmittelverordnung
§ 3 Voraussetzungen der Verordnung
1) 1 Die Abgabe von Heilmitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen setzt eine Verordnung durch eine Vertragszahnärztin oder einen Vertragzahnsarzt voraus.2 Die Therapeutin oder der Therapeut ist an die Verordnung gebunden, es sei denn im Rahmen dieser Richtlinie ist etwas anderes bestimmt.
2) Heilmittel können zu Lasten der Krankenkassen nur verordnet werden, wenn sie notwendig sind, um
- eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern,
- eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen,
- einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken, oder
- Pflegebedürftigkeit zu vermeiden oder zu mindern.
3) Die Indikation für die Verordnung von Heilmitteln ergibt sich nicht aus der Diagnose allein, sondern nur dann, wenn unter Gesamtbetrachtung der strukturellen/funktionellen Schädigungen, der Beeinträchtigung der Aktivitäten (Fähigkeitsstörungen) und unter Berücksichtigung der individuellen Kontextfaktoren in Bezug auf Person und Umwelt eine Heilmittelanwendung notwendig ist.
§ 4 Heilmittelkatalog Zahnärzte
1) 1Der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel ZÄ ist Zweiter Teil dieser Richtlinie.2 Der Katalog wird dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechend in regelmäßigen Abständen ergänzt oder aktualisiert.
2) Der Heilmittelkatalog ZÄ regelt:
- die Indikationen, bei denen Heilmittel verordnungsfähig sind,
- die Art der verordnungsfähigen Heilmittel bei diesen Indikationen,
- die Menge der verordnungsfähigen Heilmittel und Besonderheiten bei Wiederholungsverordnungen (Folgeverordnungen).
3) 1 Der Heilmittelkatalog ZÄ führt nur die möglichen Indikationen für eine sachgerechte Heilmitteltherapie auf. Kontraindikationen wurden bewusst nicht aufgeführt. 2 Bei der Verordnung hat die Vertragszahnärztin oder der Vertragszahnarzt im Einzelfall vorhandene Kontraindikationen zu berücksichtigen.
1) 1 Maßnahmen, die nicht aufgrund der in § 3 Absatz 2 genannten Voraussetzungen veranlasst und durchgeführt werden, dürfen nicht zu Lasten der GKV verordnet und durchgeführt werden. 2 Dies gilt auch, wenn die Maßnahmen von nach § 124 SGB V zugelassenen Heilmittelerbringerinnen und Heilmittelerbringern durchgeführt werden. 3 Weiterhin dürfen Heilmittel bei Kindern nicht verordnet werden, wenn an sich störungsbildspezifische pädagogische, heilpädagogische oder sonderpädagogische Maßnahmen zur Beeinflussung von Schädigungen geboten sind (insbesondere Leistungen nach dem Kapitel 7 des SGB IX). 4 Sind solche Maßnahmen nicht durchführbar, dürfen Heilmittel nicht an deren Stelle verordnet werden. 5 Neben pädagogischen, heilpädagogischen oder sonderpädagogischen Maßnahmen dürfen Heilmittel nur bei entsprechender medizinischer Indikation außerhalb dieser Maßnahmen verordnet werden.
2) Heilmittel dürfen nicht verordnet werden, soweit diese im Rahmen der Frühförderung nach §§ 30, 32 Nr. 1 SGB IX in Verbindung mit der Heilmittelverordnung vom 24. Juni 2003 als therapeutische Leistungen bereits erbracht werden.
§ 6 Verordnung im Regelfall; Erst- und Folgeverordnung
1) 1 Der Heilmittelverordnung nach der Richtlinie liegt in den jeweiligen Abschnitten des Heilmittelkataloges ein definierter Regelfall zugrunde. 2 Dieser Regelfall geht von der Vorstellung aus, dass mit dem der Indikation zugeordneten Heilmittel im Rahmen der Gesamtverordnungsmenge des Regelfalls das angestrebte Therapieziel erreicht werden kann.
2) 1 Die Gesamtverordnungsmenge und die maximale Verordnungsmenge bei Erst- und Folgeverordnungen im Regelfall ergeben sich aus dem Heilmittelkatalog ZÄ. 2Nicht jede Schädigung/Funktionsstörung bedarf der Behandlung mit der Höchstverordnungsmenge je Verordnung oder der Gesamtverordnungsmenge des Regelfalls.
3) 1 Eine Heilmittelverordnung im Regelfall liegt dann vor, wenn die Auswahl zwischen den im jeweiligen Abschnitt des Heilmittelkataloges ZÄ angegebenen Heilmitteln getroffen wird und die dort festgelegten Verordnungsmengen je Indikationsgruppe nicht überschritten werden. 2 Treten im zeitlichen Zusammenhang mehrere voneinander unabhängige Erkrankungen derselben Indikationsgruppe auf, kann dies weitere Regelfälle auslösen, für die jeweils separate Verordnungsvordrucke auszustellen sind. 3 Heilmittelverordnungen außerhalb des Regelfalls sind bis auf die in der Richtlinie genannten Ausnahmen nicht zulässig.
4) 1 Rezidive oder neue Erkrankungsphasen können die Verordnung von Heilmitteln als erneuten Regelfall auslösen, wenn nach einer Heilmittelanwendung ein behandlungsfreies Intervall von 12 Wochen abgelaufen ist. 2 Sofern das behandlungsfreie Intervall nicht abgelaufen ist, ist gemäß der Ausnahmeregelung nach § 7 Absatz 1 und 2 zu verfahren.
5)Die Heilmittel sind nach Maßgabe des Heilmittelkataloges ZÄ im Regelfall verordnungsfähig als:
- Erstverordnung oder
- Folgeverordnung
6) 1 Nach einer Erstverordnung gilt jede Verordnung zur Behandlung derselben Erkrankung (desselben Regelfalls) als Folgeverordnung. 2 Dies gilt auch, wenn sich unter der Behandlung die Leitsymptomatik ändert und unterschiedliche Heilmittel zum Einsatz kommen.
7) 1 Folgeverordnungen im Regelfall können nach Maßgabe des Heilmittelkatalogs ZÄ bis zur Erreichung der Gesamtverordnungsmenge des Regelfalls ausgestellt werden. 2 Sofern mehrere Heilmittel verordnet werden, ist die Verordnungsmenge des vorrangigen Heilmittels entscheidend für die Gesamtverordnungsmenge.
8) 1 Folgeverordnungen sind nur zulässig, wenn sich die behandelnde Vertragszahnärztin oder der behandelnde Vertragszahnarzt zuvor erneut vom Zustand der Patientin oder des Patienten überzeugt hat. 2 Bei der Entscheidung des Vertragszahnarztes bzw. der Vertragszahnärztin über Folgeverordnungen sind der bisherige Therapieverlauf sowie zwischenzeitlich erhobene Befunde zu berücksichtigen.
§ 7 Verordnung außerhalb des Regelfalls
1) 1 Lässt sich die Behandlung mit der nach Maßgabe des Heilmittelkatalogs bestimmten Gesamtverordnungsmenge nicht abschließen, sind weitere Verordnungen außerhalb des Regelfalls möglich. 2Solche Verordnungen bedürfen einer besonderen Begründung mit prognostischer Einschätzung auf der Verordnung. 3 Dabei sind die Grundsätze der Verordnung im Regelfall mit Ausnahme der Gesamtverordnungsmenge je Regelfall und die maximale Verordnungsmenge bei Erst- und Folgeverordnung anzuwenden.4 Die Verordnungsmenge ist abhängig von der Behandlungsfrequenz so zu bemessen, dass mindestens eine Überprüfung des Behandlungsfortschritts durch die Vertragszahnärztin oder den Vertragszahnarzt innerhalb einer Zeitspanne von 12 Wochen nach der Verordnung gewährleistet ist.
2) Bei Verordnungen außerhalb des Regelfalls ist nach vorausgegangenen Heilmittelanwendungen kein behandlungsfreies Intervall zu beachten.
3) Insbesondere bei Verordnungen außerhalb des Regelfalls hat die Vertragszahnärztin oder der Vertragzahnsarzt störungsbildabhängig eine weiterführende Diagnostik durchzuführen, um auf der Basis des festgestellten Therapiebedarfs, der Therapiefähigkeit, der Therapieprognose und des Therapieziels die Heilmitteltherapie fortzuführen oder andere Maßnahmen einzuleiten.
4) 1Begründungspflichtige Verordnungen sind der zuständigen Krankenkasse vor Fortsetzung der Therapie zur Genehmigung vorzulegen. 2Nach Vorlage der Verordnung durch die oder den Versicherten übernimmt die Krankenkasse die Kosten des Heilmittels unabhängig vom Ergebnis der Entscheidung über den Genehmigungsantrag, längstens jedoch bis zum Zugang einer Entscheidung über die Ablehnung bei dem oder der Versicherten.3Verzichtet die Krankenkasse auf ein Genehmigungsverfahren hat dies die gleiche Rechtswirkung wie eine erteilte Genehmigung. 4Sie infomiert hierüber die Kassenzahnärztliche Vereinigung.
§ 8 langfristiger Heilmittelbedarf
1) 1 Die Krankenkasse entscheidet auf Antrag der oder des Versicherten darüber, ob ein langfristiger Heilmittelbedarf im Sinne von § 32 Abs. 1a SGB V vorliegt und die notwendigen Heilmittel langfristig genehmigt werden können. 2 Ein langfristiger Heilmittelbedarf liegt vor, wenn sich aus der zahnärztlichen Begründung die Schwere und Langfristigkeit der strukturellen/funktionellen Schädigungen, der Beeinträchtigungen der Aktivitäten und der nachvollziehbare Therapiebedarf der oder des Versicherten ergeben.
2) 1 Entscheidungen nach Absatz 1 trifft die Krankenkasse – soweit erforderlich unter Einbeziehung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) gemäß § 275 Abs. 1 SGB V – auf der Grundlage
- des Antrages der oder des Versicherten,
- der Kopie einer gültigen und gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 vollständig ausgefüllten Verordnung der Vertragszahnärztin oder des Vertragszahnarztes; die Original-Verordnung bleibt bei der oder dem Versicherten.
3) 1Für Versicherte mit einem genehmigten langfristigen Heilmittelbedarf können die dauerhaft notwendigen Heilmittel als Verordnungen außerhalb des Regelfalls verordnet werden, ohne dass zuvor der in den jeweiligen Abschnitten des Heilmittelkataloges definierte Regelfall durchlaufen werden muss. 2 Erforderliche Genehmigungen nach § 7 Absatz 4 gelten als erteilt.
1) 1Vor jeder Verordnung von Heilmitteln soll die Vertragszahnärztin oder der Vertragszahnarzt prüfen, ob entsprechend dem Gebot der Wirtschaftlichkeit das angestrebte Behandlungsziel auch durch andere Therapiemaßnahmen (z.B. Arzneimittel) oder eigenverantwortliche Maßnahmen der Patientin oder des Patienten (z. B. Eigenübungsprogramm oder Vermeiden von krankheitsbildbeeinflussenden Gewohnheiten) unter Abwägung der jeweiligen Risiken qualitativ gleichwertig und kostengünstiger erreicht werden kann. 2Dann haben diese Maßnahmen Vorrang gegenüber einer Heilmittelverordnung.
2) 1 Die gleichzeitige Verordnung mehrerer unterschiedlicher Heilmittel für dieselbe Indikation ist nur dann ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich, wenn durch sie ein therapeutisch erforderlicher Synergismus erreicht wird. 2Das Nähere hierzu wird in den §§ 11 und 12 bestimmt.
§ 10 Ort der Leistungserbringung
1) 1Heilmittel können, sofern nichts anderes bestimmt ist,
- als Behandlung in der Praxis der Therapeutin oder des Therapeuten oder
- als Behandlung in der häuslichen Umgebung als medizinisch notwendiger Hausbesuch durch die Therapeutin oder den Therapeuten gemäß Satz 2 verordnet werden. 2 Die Verordnung der Heilmittelerbringung außerhalb der Praxis der Therapeutin oder des Therapeuten in der häuslichen Umgebung der Patientin oder des Patienten als Hausbesuch ist nur dann zulässig, wenn die Patientin oder der Patient aus medizinischen Gründen die Therapeutin oder den Therapeuten nicht aufsuchen kann oder wenn sie aus medizinischen Gründen zwingend notwendig ist. 3 Die Behandlung in einer Einrichtung (z.B. tagesstrukturierende Fördereinrichtung) allein ist keine ausreichende Begründung für die Verordnung eines Hausbesuchs.
verordnet werden.
2) 1Ohne Verordnung eines Hausbesuchs ist die Behandlung außerhalb der Praxis des Therapeuten oder der Therapeutin ausnahmsweise für Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr oder darüber hinaus bis zum Abschluss der bereits begonnenen schulischen Ausbildung möglich, die ganztägig in einer auf deren Förderung ausgerichteten Tageseinrichtung (tagestrukturierte Fördereinrichtung) untergebracht sind, soweit § 5 Absatz 2 dem nicht entgegensteht. 2 Voraussetzung ist, dass sich aus der zahnärztlichen Begründung eine besondere Schwere und Langfristigkeit der strukturellen/funktionellen Schädigungen sowie der Beeinträchtigungen der Aktivitäten ergibt und die Tageseinrichtung auf die Förderung dieses Personenkreises ausgerichtet ist und die Behandlung in diesen Einrichtungen durchgeführt wird.
1) Die Auswahl und die Anwendung (insbesondere Einheiten pro Verordnung, Gesamtverordnungsmenge, Empfehlung zur Behandlungsfrequenz) des Heilmittels hängt von Ausprägung und Schweregrad der Erkrankung (funktionelle/strukturelle Schädigung, Beeinträchtigung der Aktivitäten unter Berücksichtigung der individuellen Kontextfaktoren) sowie von dem mit dieser Verordnung angestrebten Ziel (Therapieziel) ab.
2) Bei gegebener Indikation richtet sich die Auswahl der zu verordnenden Heilmittel nach dem jeweils therapeutisch im Vordergrund stehenden Behandlungsziel.
3) 1 Soweit medizinisch erforderlich, kann in der Physiotherapie und der physikalischen Therapie zu einem „vorrangigen Heilmittel“ (A) nur ein weiteres im Heilmittelkatalog ZÄ genanntes „ergänzendes Heilmittel“ (C) verordnet werden (d.h. maximal zwei Heilmittel je Verordnung). 2 Abweichend hiervon können Maßnahmen der Elektrotherapie/-stimulation auch ohne Verordnung eines vorrangigen Heilmittels verordnet werden, soweit der Heilmittelkatalog ZÄ diese Maßnahmen indikationsbezogen als ergänzende Heilmittel vorsieht. 3 Mehr als ein ergänzendes Heilmittel nach Satz 2 kann nicht verordnet werden. 4Auf dem Verordnungsvordruck ist das ergänzende Heilmittel explizit zu benennen.
4) 1 Die gleichzeitige Verordnung von Heilmitteln aus den verschiedenen Abschnitten des Heilmittelkataloges (gleichzeitige Verordnung von Maßnahmen der Physiotherapie und der physikalischen Therapie und Maßnahmen der Sprech- und Sprachtherapie) ist bei entsprechender Indikation zulässig. 2 Werden Heilmittel aus verschiedenen Abschnitten des Heilmittelkatalogs verordnet, ist für jede Verordnung je ein Verordnungsvordruck zu verwenden.
1) 1Die Verordnung erfolgt ausschließlich auf vereinbarten Vordrucken. 2Die Vordrucke müssen nach Maßgabe des Absatzes 2 vollständig ausgefüllt werden. 3Änderungen und Ergänzungen der Heilmittelverordnung bedürfen mit Ausnahme der Regelung nach § 15 Absatz 2 einer erneuten zahnärztlichen Unterschrift mit Datumsangabe.
2) 1In der Heilmittelverordnung sind nach Maßgabe des vereinbarten Vordrucks die Heilmittel eindeutig zu bezeichnen. 2Ferner sind alle für die individuelle Therapie erforderlichen Einzelangaben zu machen. 3Anzugeben sind insbesondere
- Angaben zur Krankenkasse, zur oder zum Versicherten und zu der Vertragszahnärztin oder zu dem Vertragszahnarzt nach Maßgabe des Verordnungsvordrucks,
- die Art der Verordnung (Erstverordnung, Folgeverordnung oder Verordnung außerhalb des Regelfalls),
- Hausbesuch (ja oder nein),
- Therapiebericht (ja oder nein),
- ggf. der späteste Zeitpunkt des Behandlungsbeginns, soweit abweichend von § 14 notwendig,
- die Verordnungsmenge,
- das/die Heilmittel gemäß dem Heilmittelkatalog ZÄ,
- die Frequenzangabe,
- die Therapiedauer (bei Manueller Lymphdrainage 30 oder 45 Minuten und bei, Sprech- und Sprachtherapie 30, 45 oder 60 Minuten),
- der vollständige Indikationsschlüssel (Diagnosengruppe und ggf. Leitsymptomatik, z. B. SPZ oder CD1a),
- die therapierelevante(n) Diagnose(n), ergänzende Hinweise (z. B. Befunde, Vor- und Begleiterkrankungen) sowie ggf. die Therapieziele, falls sich diese nicht aus der Angabe der Diagnose und Leitsymptomatik ergeben,
- bei Verordnungen außerhalb des Regelfalls oder langfristiger Heilmittelbedarf die medizinische Begründung.