GKV Vertrag mit erweiterter Versorgungsverantwortung Physiotherapie

Vertrag nach § 125a SGB V

zwischen

dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen
(GKV-Spitzenverband, K.d.ö.R) Berlin

und

dem Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten – IFK, Bochum;

dem Physio Deutschland - Deutscher Verband für Physiotherapie e.V., Köln;

dem VDB-Physiotherapieverband e.V., Berlin;

Verband für Physiotherapie – Vereinigung für die Physiotherapeutischen Berufe (VPT) e.V., Hamburg

über die Heilmittelversorgung mit erweiterter Versorgungsverantwortung in der Physiotherapie und deren Vergütung vom 01.11.2024

(1) Dieser Vertrag regelt die Einzelheiten der Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen gemäß § 125a SGB V

(2) Gegenstand dieses Vertrages sind die Vorgaben bei der Heilmittelversorgung mit erweiterter Versorgungsverantwortung, bei der die Leistungserbringer aufgrund einer durch eine Ärztin oder einen Arzt festgestellten Diagnose und Indikation für eine Heilmittelbehandlung selbst über die Auswahl und die Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten bestimmen können.

(3) Soweit dieser Vertrag keine Abweichungen von den Vorgaben der Heilmittel-Richtlinien oder des Vertrages nach § 125 Absatz 1 SGB V vorsieht, gelten diese auch für die Leistungserbringung nach Maßgabe dieses Vertrages.

(4) Die Versorgung mit Leistungen der Physiotherapie mit erweiterter Versorgungsverantwortung richtet sich nach diesem Vertrag und den Anlagen 1 – 3a:

  • a) Indikationsspezifische Anlagen (Anlage 1)
  • b) Vergütungsvereinbarung (Anlage 2)
  • c) Notwendige Angaben auf der Heilmittelverordnung mit erweiterter Versorgungsverantwortung und einheitliche Regelungen zur Abrechnung (Anlage 3a)
Die Anlagen sind Bestandteil dieses Vertrages.

(5) Leistungen nach diesem Vertrag dürfen nicht von Leistungserbringern nach § 124 Absatz 5 SGB V abgegeben werden. Darüber hinaus sind die Vorschriften für Verordnungen mit erweiterter Versorgungsverantwortung nach § 73 Absatz 11 SGB V i. V. m. den Regelungen dieses Vertrages für Krankenhausärztinnen und -ärzte im Rahmen des Entlassmanagements nach § 39 Absatz 1a SGB V nicht anwendbar.

(1) Leistungen nach diesem Vertrag dürfen nur für die in den jeweiligen indikationsspezifischen Anlagen genannten Indikationen in der dort beschriebenen Form und dem dort beschriebenen Umfang erbracht werden. Die Auswahl des Heilmittels darf nur im Rahmen der im Heilmittelkatalog für die jeweilige Diagnosegruppe vorgegebenen verordnungsfähigen Heilmittel erfolgen. Mögliche Abweichungen gemäß § 125a Abs. 2 Nr. 2 SGB V sind in den indikationsspezifischen Anlagen geregelt. Nichtverordnungsfähige Heilmittel gemäß § 5 der HeilM-RL dürfen auch im Rahmen der Heilmittelversorgung mit erweiterter Versorgungsverantwortung nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet werden.

(2) Maßnahmen, die nach den jeweiligen indikationsspezifischen Anlagen eine Zusatzqualifikation erfordern, dürfen nur von Leistungserbringern erbracht werden, die eine Qualifikation gemäß Anlage 7 des Vertrages nach § 125 Absatz 1 SGB V erworben und nachgewiesen haben. Voraussetzung für die Abrechnung dieser Leistungen ist die vorherige Erteilung einer Abrechnungsbefugnis durch die zuständige Arbeitsgemeinschaft nach § 124 Absatz 2 SGB V.

(3) Verordnungen mit erweiterter Versorgungsverantwortung sind gemäß § 13a Absatz 2 Satz 2 der HeilM-RL bzw. § 12 Absatz 2 Satz 2 der HeilM-RL ZÄ bei Maßnahmen der Physiotherapie maximal 16 Wochen ab Verordnungsdatum gültig. Die in den jeweiligen indikationsspezifischen Anlagen vereinbarten Leistungen einer Verordnung mit erweiterter Versorgungsverantwortung sind bis zum Ende der maximalen Gültigkeit der Verordnung gemäß Satz 1 auszuführen. Wird im Verlauf der Therapie das vom Leistungserbringer angestrebte Therapieziel vor Ablauf der maximalen Gültigkeit der Verordnung gemäß Satz 1 erreicht, ist die Therapie zu beenden. Abweichend von § 16 Absatz 4 der HeilM-RL und § 7 Absatz 3a des Vertrages nach § 125 Absatz 1 SGB V führen Unterbrechungen von länger als 14 Kalendertagen nicht dazu, dass die Heilmittelverordnung ihre Gültigkeit verliert. Eine Begründung der Unterbrechungen, die länger als 14 Kalendertage dauern, ist nicht erforderlich. Wird aufgrund der Länge der Unterbrechung die Erreichung des Therapieziels gefährdet, wird die Behandlung beendet. Eine Unterbrechung innerhalb der Gültigkeit der Verordnung mit erweiterter Versorgungsverantwortung (16-Wochen-Frist) führt nicht zu einer Verlängerung der Gültigkeit.

(4) Werden im Gültigkeitszeitraum der Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 im Falle eines Rezidivs für eine bereits beendete und abgerechnete Verordnung weitere Leistungen abgegeben, erfolgt die Abrechnung dieser Leistung durch Verwendung des Bearbeitungskennzeichnens „VKZ 10“ und der Übermittlung des Anhangs A als rechnungsbegründende Unterlage.

(5) Bei der Abrechnung muss im Datensatz nach § 302 SGB V bei der Schlüsselbezeichnung „Kennzeichen Verordnungsart bei Heilmitteln“ in der Schlüsselbeschreibung „Art der Heilmittelverordnung“ die Kennzeichnung „05“ (Verordnung nach § 13a HeilM-RL („Blanko-Verordnung“)) verpflichtend angegeben werden.

(6) Der Einsatz von Schülerinnen und Schülern oder Studentinnen und Studenten im Rahmen der Heilmittelversorgung mit erweiterter Versorgungsverantwortung erfordert die Anleitung, ständige Aufsicht und Anwesenheit eines entsprechend qualifizierten Leistungserbringers.

(1) Für die gesetzliche Zuzahlung im Rahmen der Heilmittelversorgung mit erweiterter Versorgungsverantwortung gelten die Regelungen gemäß § 8 des Vertrages nach § 125 Absatz 1 SGB V mit der Maßgabe, dass Vorauszahlungen nur zulässig sind, soweit die oder der Versicherte über mögliche Rückzahlungsansprüche bei zu viel entrichteter Zuzahlung informiert wurde.

(2) Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Beginn der Behandlung darüber aufzuklären, dass es dem Leistungserbringer obliegt, über die Auswahl und die Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten zu bestimmen und dass sich die Höhe der von der oder dem Versicherten zu zahlenden Zuzahlung danach richtet.

Gemäß § 125a Absatz 2 Nr. 5 SGB V veröffentlicht der GKV-Spitzenverband quartalsweise im Rahmen von § 84 Absatz 7 i. V. m. § 84 Absatz 5 SGB V zusätzlich die je endstelligen ICD-10-Code und je Verordnung mit erweiterter Versorgungsverantwortung durchschnittlich abgerechnete Anzahl an vorrangigen und ergänzenden Behandlungseinheiten. Diese Richtwerte stellen keine Grundlage für Maßnahmen der Wirtschaftlichkeit dar, sondern sollen den Leistungserbringenden und den Vertragspartnern als Orientierungshilfe dienen.

Die Vertragspartner übermitteln dem BMG einen Bericht gemäß § 125a Absatz 6 SGB V. Darin werden insbesondere die Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen, die Mengenentwicklung, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität dargelegt.

(1) Zur Sicherung der Qualität hat der zugelassene Leistungserbringer insbesondere Folgendes zu gewährleisten:

  • a. Bemühung um Kooperation und enge fachliche Zusammenarbeit zwischen dem zugelassenen Leistungserbringer und der Ärztin oder dem Arzt nach Maßgabe der Heilmittel-Richtlinien,
  • b. Dokumentation der physiotherapeutischen Diagnostik bzw. der Bedarfsdiagnostik und der Therapieplanung,
  • c. Dokumentation der sich aus lit. b. ergebenden Auswahl des Heilmittels sowie der und Anzahl der Behandlungseinheiten auf Grundlage ihrer medizinisch-therapeutischen Notwendigkeit und hinsichtlich der Änderung der Therapieplanung hinsichtlich Dauer und Frequenz,
  • d. Orientierung der Therapie an der Indikation (bestehend aus Diagnose und funktioneller/struktureller Schädigung), dem vom Leistungserbringer angestrebten Therapieziel und der Belastbarkeit der oder des Versicherten
  • e. Durchführung der Therapie gemäß der jeweiligen indikationsspezifischen Leistungsbeschreibung
  • f. kontinuierliche Bewertung und Anpassung des Therapieverlaufs,
  • g. Führen einer Verlaufsdokumentation gemäß § 3 Absatz 13 des Vertrages nach § 125 Absatz 1 SGB V,
  • h. Dokumentationen, die sich aus § 5 des Vertrages nach § 125 Absatz 1 SGB V ergeben.
Im Übrigen gelten die Vorgaben des § 14 des Vertrages nach § 125 Absatz 1 SGB V unverändert.

(1) Die Leistungen sind ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich zu erbringen. Sie haben gemäß § 70 SGB V dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Die Leistungserbringer tragen die Verantwortung dafür, dass die Leistungen nur im notwendigen medizinischen Umfang durchgeführt werden. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Anspruchsberechtigte nicht beanspruchen, dürfen Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht vergüten. Bei der Planung der Behandlung tragen die Leistungserbringer überdies die Verantwortung dafür, eine unverhältnismäßige Mengenausweitung, die medizinisch nicht begründet ist, zu vermeiden.

(2) Kriterien einer wirtschaftlichen Leistungserbringung im Sinne dieses Vertrages sind insbesondere:

  • a) Abstimmung der Therapieplanung mit dem Therapieziel gemäß der indikationsspezifischen Anlage.
  • b) Durchführung der Therapie gemäß der Therapieplanung unter Berücksichtigung der Leistungsbeschreibung.
Im Übrigen gelten die Vorgaben des § 15 Absatz 2 lit. c) bis i) des Vertrages nach § 125 Absatz 1 SGB V unverändert fort.

(3) Die Krankenkasse oder deren Kassenartenverband kann Maßnahmen zur Prüfung der unverhältnismäßigen Mengenausweitung einleiten.

Die Vergütung der vertraglichen Leistungen erfolgt nach Maßgabe der Anlage 2 des Vertrages nach § 125 Abs. 1 SGB V i.V.m. der Anlage 2 dieses Vertrages in der jeweils geltenden Fassung.

Die Regelungen der § 10 Datenschutz, § 19 Regelungen zu IT-gestützten Verfahren, § 20 Maßnahmen bei Vertragsverstößen und § 20a Vertragsausschuss des Vertrages nach § 125 Absatz 1 SGB V gelten für diesen Vertrag entsprechend.

(1) Leistungserbringende haben Informationen über die erfolgte Behandlung an die Verordnerin oder den Verordner nur dann zu übermitteln, wenn auf einer Heilmittelverordnung mit erweiterter Versorgungsverantwortung ein Therapiebericht angefordert wurde.

(2) Im Bericht an die verordnende Ärztin oder den verordnenden Arzt müssen folgende Inhalte aufgeführt werden:

  • • Geplantes Therapieziel, Erreichung des Therapieziels
  • • Angewendete Heilmittel und Anzahl der Therapieeinheiten, Dauer der Therapie (in Wochen)
  • • Weiterführende Hinweise (z. B. Compliance des Patienten)

(1) Dieser Vertrag tritt am 01.11.2024 in Kraft. Er wird auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann unter Einhaltung einer Frist von 3 Monaten, erstmals zum 31.10.2027 schriftlich gekündigt werden. Im Falle einer Kündigung gilt der Vertrag für maximal 12 weitere Monate vom Beendigungszeitpunkt her an fort. Der Vertrag kann durch den GKV-Spitzenverband einerseits oder andererseits durch alle leistungserbringerseitigen Vertragspartner gemeinsam gekündigt werden.

(2) Für die Anlagen nach § 1 Absatz 4 gilt § 11 Absatz 1 entsprechend.

(1) Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam oder undurchführbar sein oder nach Vertragsschluss unwirksam oder undurchführbar werden, bleibt davon die Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen unberührt. Die Vertragsparteien verpflichten sich, sich unverzüglich über eine Neuregelung der unwirksamen oder undurchführbaren Bestimmung zu verständigen, deren Wirkung der wirtschaftlichen Zielsetzung am nächsten kommt, die die Vertragsparteien mit der unwirksamen oder undurchführbaren Bestimmung verfolgt haben. Die vorstehenden Bestimmungen gelten entsprechend für den Fall, dass sich der Vertrag als lückenhaft erweist. Einvernehmliche Änderungen des Vertrages sind jederzeit möglich.

(2) Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform, soweit nicht in diesem Vertrag ausdrücklich etwas Abweichendes bestimmt ist. Dies gilt auch für eine Änderung oder Abbedingung dieser Schriftformklausel.

(3) Der Gerichtsstand ist Berlin.

(4) Der Vertrag geht vom Grundsatz vertrauensvoller Zusammenarbeit aus.

(5) Die Vertragspartner verpflichten sich, mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln für eine gewissenhafte Durchführung dieses Vertrages Sorge zu tragen.


 •  Anlage 1: Indikationsspezifische Anlage für Erkrankungen im Bereich des Schultergelenks

 •  Anhang 1 zur Anlage 1

 •  Anlage 2: Vergütungsvereinbarung

 •  Anlage 3a: Notwendige Angaben auf der Heilmittelverordnung mit erweiterter Versorgungsverantwortung und einheitliche Regelungen zur Abrechnung „Ärzte“

 •  Anhang A Wiederaufnahme einer Blankoverordnung