News - Small is beautiful, und niemand hat die Absicht, eine Mauer einzureißen

Small is beautiful, und niemand hat die Absicht, eine Mauer einzureißen

Nach 13 Jahren neue Primärkassenpreise in Berlin.

19.04.2008 • 0 Kommentare

Christo verpackt den ausgeweideten Reichstag in Berlin. Die Bundesregierung arbeitet fernab im gemütlichen Bonn. Helmut Kohl heißt unser aller Kanzler und sollte es noch drei weitere Jahre bleiben. Im Nachbarland Frankreich wird Jacques Chirac erstmals zum Staatspräsidenten gewählt. Microsoft veröffentlicht Windows 95. Das Internet steckt noch in den Kinderschuhen. Ein unbekannter Sprachspaßvogel tauft sein Mobiltelefon "Handy", während die meisten Deutschen von einem solchen Gerät nur träumen können. Wir schreiben das Jahr 1995 als in der damaligen (noch lange) D-Mark-seligen Wartehauptstadt die Preise für physiotherapeutische Kassenleistungen erhöht wurden. Kaum einer mag damals geahnt haben, dass sie bis heute unverändert bleiben würden. 13 lange Jahre haben Krankenkassen und Berufsverbände verhandelt und gerungen. Jetzt gelang ihnen der Durchbruch. Die Position "Krankengymnastik" darf im Westteil der Stadt drei, in Ost-Berlin 15 Cent mehr kosten.

Auch den meisten anderen Behandlungspositionen haben die Verhandlungsstrategen nur einen minimalistischen Zuwachs gegönnt. Einzig die Kaufkraft der Kindertherapeuten zwischen Mitte und Hellersdorf steigt in luftige Höhen. Für zentralneurologische Therapien gibt es jetzt 1,61 Euro mehr. Alles in allem scheint die Besprechungszeit der Kontrahenten nicht ausgereicht zu haben. Wärme im Westen etwa oder die Manuelle Therapie verharren auf dem Stand von 1995. Praxen, die viele Haubesuche unternehmen, werden wünschen, es gebe gar keine neue Vereinbarung. Die Besuchspositionen wurden heftig herabgestuft.

Berlin ist für manch eine Kuriosität gut. 19 Jahre nach dem Fall der Mauer muten Krankenkassen und Physiotherapeutenverbände den Praxisbetreibern im Osten noch immer zu, sich mit deutlich niedrigeren Kassenpreisen als ihre Kollegen im Westen abfinden zu müssen. Es ficht die Verhandlungspartner überhaupt nicht an, dass die Stadthälften schon lange unübersehbar zusammengewachsen sind. Die Menschen ziehen kreuz und quer durch die Stadt. Da gibt es sozial schwache Bezirke wie Neukölln im Westteil mit traumhaft günstigen Mieten, während sich im östlichen Prenzlauer Berg zunehmend gut Betuchte ansiedeln mit angemessener Immobilienentwicklung.

Die Vergütungsliste gilt rückwirkend zum 1. März 2008. Alle noch nicht abgerechneten Rezepte können mit den neuen Preisen verarbeitet werden. Bereits bei den Kassen angekommene Verordnungen werden allerdings nicht nachberechnet. Kassen und Verbände haben eine Zustimmungswartephase vereinbart. Am Montag sind die aktuellen Listen auf der physio.de-Preislisten-Seite zu finden. Abonnenten brauchen sich um nichts zu scheren. Sie erhalten die Listen automatisch.

Peter Appuhn
physio.de

Hamburg

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