News - Rationierungen im Gesundheitswesen

Rationierungen im Gesundheitswesen – es gibt sie schon

Ärzte berichten von vorenthaltenen Leistungen.

19.06.2009 • 0 Kommentare

Für Politiker ist sie der leibhaftige Gott-sei-bei-uns, die Zweiklassenmedizin. Die Regierenden sind sich einig: Es gibt sie nicht, es darf sie nicht geben, es wird sie nicht geben. Öffentliche Diskussionen über eine priorisierungsgesteuerte Gesundheitsversorgung werden schnell niedergebügelt. Auch Ärztekammerpräsident Jörg-Dietrich Hoppe musste kürzlich mit seinem Vorstoß scheitern. Dabei sind Rationierungen und damit Ungleichbehandlungen längst alltägliche Realität, wie eine Studie der Universität Tübingen gerade herausfand. Mehr als drei Viertel der Klinikärzte haben demnach ihren Patienten schon einmal effektive Leistungen aus Kostengründen vorenthalten.

1.137 Kardiologen und Intensivmediziner hatte die Forschergruppe unter der Leitung der Medizinethiker Georg Marckmann und Daniel Strech befragt. Die Entscheidung, Patienten therapeutische Maßnahmen zu verweigern, haben sich die Ärzte nicht leicht gemacht. Die meisten von ihnen greifen eher selten zu diesem Mittel. Nur 13 Prozent der Interviewten sahen sich gezwungen, mehr als einmal in der Woche das Angebot zu rationieren. Abhängig vom Fachbereich, ärztlichen Status und von der Trägerschaft des Krankenhauses konnten die Wissenschaftler signifikante Unterschiede in der Häufigkeit der Behandlungseinschränkungen feststellen.

Die große Mehrheit der Untersuchungsteilnehmer berichtete, dass Mittelknappheit negative Auswirkungen auf die Arzt-Patienten-Beziehung und die Arbeitszufriedenheit habe. Zwei Lösungen sehen die Befragten: Zusätzliche Gelder für das Gesundheitswesen durch höhere Kassenbeiträge oder mehr Eigenbeteiligung der Patienten und Rationierungsregelungen "oberhalb" der individuellen Arzt-Patienten-Beziehung.

Peter Appuhn
physio.de

Stuttgart/Calw/Böblingen

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