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Die Dynamik der Protestwelle überzeugt auch manch einen Funktionär. Wer jetzt nicht auf den fahrenden Zug aufspringt, verspielt das letzte Vertrauen seiner Klientel. "Fahren Sie am 24.3.2006 nach Berlin", ruft denn auch Leonhard Hansen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNo), seine "Kolleginnen und Kollegen" auf. Alle Beschwernisse, die Ärzte in diesen Tagen ertragen müssen, hätten die Ursache in Gesetzen und Verordnungen, die von den Politikern gemacht wurden. Das System der gesetzlichen Krankenversicherung mit seinen Versprechen, die nicht mehr einlösbar sind, sei krank und verlogen, sagte Hansen vor der Vertreterversammlung der KVNo.
Scharf geht er auch mit den Krankenkassen ins Gericht. Sie gaukelten ihren Versicherten eine optimale Versorgung vor. Als willkürliche Therapieverweigerer stünden Ärzte da, wenn Kassenmitarbeiter ein nicht ausgestelltes Heilmittelrezept so kommentieren: "Ihr Arzt muss Ihnen das verordnen, wir zahlen das". Es könne nicht sein, dass der Ärzteschaft "die Verantwortung für den restriktiven Umgang bei Heil- und Arzneimittelkosten aufgebürdet wird", empört sich Hansen. "Wir brauchen die Zeit zum Behandeln und nicht, um den Patienten politisch gewollte Rationierung zu erläutern".
Der KVNo-Vorsitzende verschweigt dabei jedoch geflissentlich, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen nicht ganz unbeteiligt sind an budgetären Zwängen. Sie sind es, die gemeinsam mit den Krankenkassen Richtgrößenvereinbarungen aushandeln. Letztlich geht es dem KV-Funktionär um den Erhalt der bestehenden Strukturen: "Bei allem Verständnis für den Freigeist, der sich in den Protestbewegungen Luft verschafft. Wir sollten uns nicht auseinander dividieren lassen und unser Heil etwa in der Zerschlagung der KVen suchen", mahnte Hansen auf der KV-Versammlung.
Patienten und Ärzte lassen sich von den Sirenenklängen der Funktionäre wenig beeindrucken. Die KV-Delegierten mussten sich den Weg in das Düsseldorfer Ärztehaus durch eine Gruppe von 50 Eltern bahnen, die mit ihren schwerbehinderten Kindern gegen die Heilmittelbeschränkungen demonstrierten. Und drinnen im Saal artikulierten Aktivisten der Freien Ärzteschaft ihren Protest.
Die Leistungserbringer ergreifen selbst das Heft des Handelns, ganz ohne Gremienabstimmung und Vorstandsbeschluss. Den Verbänden der Heilmittelberufe sind die Aktionen der Basis äußerst suspekt. An der Demonstration wollen sie sich deshalb auch nicht beteiligen. Sie hätten "keinen Einfluss auf Inhalt, Struktur und Organisation", beklagt der "Deutsche Verband der Ergotherapeuten" (DVE). Dem "Zentralverband der Physiotherapeuten" (ZVK) fehlen "wohl abgestimmte gemeinsame Forderungen" mit anderen Verbänden.
Peter Appuhn
physio.de
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