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Mehr Praxen und der Rezeptwert sinkt
GEK-Heil- und Hilfsmittelreport 2006. Ergotherapie und Logopädie aufwärts.
21.09.2006 • 0 Kommentare

Jedes Jahr mehr und das seit vielen Jahren - der Boom der niedergelassenen Heilmittelerbringer ist ungebrochen. In ebensolcher Regelmäßigkeit steigen die Ausgaben, wenn auch nicht mehr so stark und nicht in allen Berufsgruppen gleichermaßen. Ergotherapeutische und logopädische Therapien bei Kindern sind vielfach nicht medizinisch indiziert und die Finanzierung durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) fragwürdig. Eine Fehl- Über- und Unterversorgung zeigen die Physiotherapie-Verordnungen für die Behandlung von Rückenschmerzen. Effektive Therapien werden zuwenig und nutzlose zu häufig verordnet. Das sind die Kernaussagen des gestern vorgelegten GEK-Heil- und Hilfsmittelreports 2006. Der vom Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen im Auftrag der Gmünder Ersatzkasse erstellte Bericht erscheint dieses Jahr zum zweiten Mal.

Die Zahl der physiotherapeutischen Praxen ist von 1995 bis 2006 um 40 Prozent gewachsen. Zwischen 2004 und 2005 betrug der Anstieg rund fünf Prozent. Geradezu stürmisch ist die jüngste Entwicklung bei den Logopäden und Ergotherapeuten. 18,65 Prozent Zuwachs waren es bei den ergotherapeutischen und 13,17 Prozent bei den logopädischen Praxen. Da sich die Ausgabenentwicklung etwa im Gleichklang bewegt, vermuten die Bremer Wissenschaftler eine angebotsinduzierte Nachfrage.

Physiotherapie
78.000 Physiotherapeuten versorgen in 27.200 Praxen ihre Patienten. 900 GKV-Versicherte teilen sich einen Therapeuten. Zwar stiegen die Ausgaben 2005 im Vergleich zum Vorjahr um 4,7 Prozent, doch der Rezeptwert ist deutlich gesunken. Verordneten die Kassenärzte 2004 noch Leistungen im Wert von durchschnittlich 121,91 Euro pro Rezept, waren es ein Jahr später nur 108,94 Euro, was einen Rückgang von10,64 Prozent bedeutet. Die Ausgabensteigerung scheint somit der Zunahme der Anbieter geschuldet zu sein, während für die einzelne Praxis oftmals eher ein Rückgang zu beklagen ist. Viele Praxen konnten mit teureren Behandlungen den Abstieg teilweise kompensieren. Seit Einführung der neuen Heilmittelrichtlinien im Juli 2004 haben sich die Verordnungen für manuelle Therapie um 40 Prozent und der Krankengymnastik für zentrale Bewegungsstörungen um 24 Prozent erhöht. Auffallend unterschiedlich ist die Verordnungfreudigkeit in den einzelnen KV-Bezirken. So verordneten die Ärzte im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigungen Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Saarland, Sachsen, Rheinland-Pfalz und Westfalen-Lippe deutlich weniger als zu Jahresbeginn prognostiziert wurde. Brandenburg, Berlin, Hamburg, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen dagegen lagen über dem Soll. Sparspitzenreiter waren die bayrischen Mediziner. Fünf Prozent weniger physiotherapeutische Leistungen als eigentlich zugestanden fanden den Weg auf die Rezeptblätter. Ungebremst dagegen die niedergelassenen Ärzte in Berlin. Ganze zehn Prozent mehr als die Vorgabe erlaubte haben sie verordnet.

Ergotherapie
2.000 GKV-Versicherte stehen einem Ergotherapeuten gegenüber, insgesamt 35.000 finden eine Beschäftigung. In 3.584 Praxen legten die Spezialsten für Alltagsmotorik und Wahrnehmung ihre Hände an die Patienten. Die Ausgaben für die Ergotherapie stiegen um 13,55 Prozent. Leicht zugelegt haben die durchschnittlichen Behandlungskosten für jeden Patienten. 2005 waren es 864,93 Euro (2004: 864,73 Euro). Der Durchschnittsrezeptwert kletterte von 320,36 Euro auf 321,05 Euro. 81 Prozent der Gesamtausgaben für ergotherapeutische Leistungen entfielen auf die Einzelbehandlung bei sensomotorisch perzeptiven Störungen. Patienten, die diese Therapie in Anspruch genommen haben, sind durchschnittlich 14,5 Jahre, 67 Prozent unter zehn Jahre alt. Mit 71 Prozent wurden deutlich mehr Jungen als Mädchen behandelt. Nur im Bereich der KV Saarland blieben die Ausgaben mit minus 2,5 Prozent unter den Vorgaben. In drei Ländern lagen die Behandlungskosten krass über den Prognosen, in Mecklenburg Vorpommern und Sachsen um etwa 38 Prozent und in Brandenburg um 34 Prozent.

Logopädie
Die höchsten Steigerungsraten verzeichnen die logopädischen Therapien. 12.000 Logopäden arbeiteten im vergangenen Jahr in 4.738 Praxen. Auf einen Therapeuten kamen etwa 6.000 gesetzlich Krankenversicherte. Die Ausgaben legten gegenüber dem Vorjahr um 18,49 Prozent zu. Die Durchschnittskosten pro Behandlungsfall stiegen von 588,54 Euro auf 592,24 Euro. Der durchschnittliche Wert jedes einzelnen Rezepts jedoch ist gefallen von 313,36 Euro auf 296,98 Euro. 85 Prozent der Patienten wurden 45 Minuten lang in Einzelsitzungen behandelt. Das Durchschnittsalter der logopädischen Klientel lag bei 13 Jahren und wie bei den Ergotherapeuten waren es überwiegend Jungen, die behandelt wurden. In allen KV-Regionen bewegten sich die Ausgaben über den prognostizierten Werten, am deutlichsten in Sachsen (plus 37 Prozent), Sachsen-Anhalt (plus 28 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (plus 27 Prozent) und Schleswig-Holstein (plus 23 Prozent).

Morgen können Sie hier den zweiten Teil unseres Berichts zum GEK-Heil- und Hilfsmittelreport 2006 lesen. Die physiotherapeutische Versorgung von Rückenschmerzpatienten und Ergotherapie bei Kindern und Jugendlichen mit hyperkinetischen Störungen werden die Themen sein.


Peter Appuhn
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