News - Heilpraktiker mit Beschränkung

Heilpraktiker mit Beschränkung - 1. Teil

Die Prüfung nach dem Urteil.

11.06.2010 • 0 Kommentare

"Welche Tätigkeiten sind Ihnen als Heilpraktiker beschränkt auf das Gebiet der Physiotherapie untersagt"? Diese und 27 weitere Fragen mussten Physiotherapeuten in Bayern beantworteten, wenn sie sich der Kenntnisprüfung stellten. Fünf Alternativen hatten die Prüflinge zur Wahl: Gelenkmessungen, Röntgen bei Verdacht auf Arthrose, Sensibilitätsprüfung, Feststellung eines Reflexausfalls, Verschreibung eines Betäubungsmittels bei starken Schmerzen. Die meisten der hoffnungsvollen Teilheilpraktiker-Aspiranten lagen daneben. Sie bestanden die Prüfung nicht. Nun sind die Fragen Gegenstand rechtlicher Prüfungen. Manche Inhalte könnten mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts kollidieren, mutmaßen Fachleute.

Ein Physiotherapeut hatte im Oktober des vergangenen Jahres mit seinem Begehr, unabhängig von ärztlicher Verordnung seine therapeutischen Kompetenzen zu nutzen, einen Teilsieg errungen. Das Leipziger Gericht beschied dem Therapeuten, er dürfe grundsätzlich selbstständig und eigenverantwortlich tätig werden. Dazu sei aber eine beschränkte Heilpraktikererlaubnis unabdingbar. So wurde der Kläger zum ersten Prüfungskandidat. Auch er musste sich in Bayern den Behörden stellen. Eine ausschließlich mündliche Prüfung hatte er zu bestehen – und schaffte sie im Dezember 2009, als erster Physiotherapeut hierzulande überhaupt.

Das Prüfungsdesaster der Bayern-Gruppe ließ andere Bundesländer bei nachfolgenden Examinierungen weitaus vorsichtiger agieren. Auf schriftliche Befragungen wurde meist verzichtet und nur mündlich geprüft. Gleichwohl fielen die Ergebnisse äußerst unterschiedlich aus: Sieg in Hessen zum Beispiel, und eine glatte Niederlage in Baden-Württemberg: von vier Kandidaten fielen drei durch.

Noch entscheiden die regionalen Gesundheitsbehörden mehr oder minder autark, welchen Stoff sie ihren Prüflingen zu knacken geben. In Nordrhein-Westfalen (NRW) wurde den untergeordneten Dienststellen gar ein Erlass des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales als Prüfungsleitfaden auf die Schreibtische geschickt. Zunächst einmal sollten Zeugnisse und Ausbildungsnachweise geprüft werden, heißt es dort. Je nach Ergebnis folgt die Entscheidung, ob eine Prüfung vielleicht "entbehrlich" ist. Die Beamten in NRW haben das Urteil genau gelesen, empfehlen sie doch, nichts abzufragen, was Gegenstand der Physiotherapieausbildung ist.

Im Herbst könnte es mit den föderalen Eigenständigkeiten vorbei sein. Das bisher schon für den Heilpraktikerbereich federführende Gesundheitsamt im bayrischen Ansbach wird auch die dann bundesweit geltenden Prüfungsinhalte für den auf die Physiotherapie beschränkten Heilpraktiker erarbeiten. 2.000 Euro überweisen die einzelnen kommunalen Gesundheitsämter für diesen Dienst nach Bayern. Es könnte mehr werden, mutmaßen gut informierte Kreise.

Ämter arbeiten gründlich. Das Berliner Verwaltungsgericht und die hauptstädtischen Gesundheitsbehörden gehen besonders akribisch ans Werk. Sieben Jahre hat es gedauert bis der Unterzeichnende die Prüfung ablegen durfte und ausgestattet mit der "Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung – beschränkt auf das Gebiet der Physiotherapie" - dieses Kapitel aus Jugendzeiten ad acta legen konnte – noch als Einziger in Berlin.

Morgen lesen Sie hier den zweiten und letzten Teil des "Heilpraktiker mit Beschränkung".

Peter Appuhn
physio.de

Rhein Main Gebiet

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