News - Heilmittelrichtlinien 2004: Merk- und Denkwürdigkeiten

Heilmittelrichtlinien 2004: Merk- und Denkwürdigkeiten

Erste Kassenentscheidungen zu Verordnungen außerhalb des Regelfalles. Ausnahmeliste erweitert.

16.07.2004 • 0 Kommentare

Ein wunderliches Spiel scheint sich da zu entwickeln: Ein nicht unerheblicher Teil der gesetzlichen Krankenkassen verzichtet auf den Bewilligungsvorbehalt bei Heilmittelverordnungen außerhalb des Regelfalles, sie wollen sich den bürokratischen Aufwand nicht antun. Die genehmigungsfreudigen Kassen dagegen blasen das Verfahren teilweise zu einer exzessiven Überprüfungsorgie auf. Besonders beliebt ist die Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK). Die Ärzte des MDK treffen mitunter merkwürdig anmutende Entscheidungen. So wurde einer Patientin mit einer zentralneurologischen spastischen Bewegungsstörung die Weiterbehandlung verweigert mit dem Hinweis, sie könne ja alleine üben. Andere MDK-Stellen wollen verordneten Therapien nicht zustimmen, weil keine genauen Befunde vorliegen. Beantragen die Versicherten selbst unter Vorlage der Original-Verordnung eine Genehmigung von Behandlungen außerhalb des Regelfalles nehmen die Kassenmitarbeiter oftmals die Formulare an sich und schicken die Patienten wieder nach Hause.

Rechtliche Möglichkeiten, gegen solche Praktiken vorzugehen, haben allerdings nur die Versicherten selbst und allenfalls die verordnenden Ärzte. Die Patienten können gegen die Kassenentscheidungen Widerspruch einlegen. Empfehlen Sie ihren Patienten auch, ihren individuellen Fall der Patientenbeauftragten zu schildern. Zudem ist es ratsam, die entsprechenden Ärzte über Ablehnungen zu informieren. Unsinnige Behandlungsverweigerungen von Seiten der Krankenkassen sind zumindest ein Angriff auf die Therapiefreiheit des Arztes.

Einzelne Krankenkassen haben gegenüber Physiotherapeuten erklärt, dass sie Rezepte nicht anerkennen werden, wenn die Bestimmungen des Heilmittelkataloges nicht beachtet werden. Lassen Sie sich von solchen Aussagen nicht verunsichern. Die Kassen wissen, dieser Standpunkt entbehrt jeder rechtlichen Grundlage. Heilmittelerbringer haben weder eine Rezeptprüfpflicht noch ein Recht dazu. Faxe mögen manche Kassen gar nicht und bestehen auf Vorlage der Originalverordnung. Auch dieses Ansinnen ist mit keinem Gesetz, Vertrag oder Richtlinie kompatibel sondern lediglich eine von den Krankenkassen selbst zurecht geschusterte Regel ohne rechtlich verbindlichen Wert. Nach wie vor raten wir Ihnen, keine originalen Verordnungsformulare bei den Kassen einzureichen und die Fax-Übersendung zu protokollieren.

Bewilligung ja oder nein? Häufig haben sich Betriebskrankenkassen noch nicht abschließend entschieden. Viele wollen erst einmal prüfen, welcher Arbeitsanfall durch das Verfahren auf die Sachbearbeiter zukommt und halten sich mit klaren Aussagen zurück. Das Bild ist deshalb immer noch ziemlich unübersichtlich. Dazu kommt, dass nicht nur jede der rund 230 Kassen alleine entscheidet, auch die Regionalstellen können individuell ihre Marschroute festlegen. Einige Landesverbände der Betriebskrankenkassen haben Empfehlungen ausgesprochen, diese sind jedoch für die einzelne Kasse nicht bindend. Eindeutig ist die Situation nur in Bremen, dem kleinsten Bundesland. Dort verzichten die BKK Airbus und Siemens, alle anderen möchten jeden Einzelfall vorgelegt bekommen.
Aufmerksame Beobachter haben es schon gemerkt haben, wir haben unsere Kassen-Genehmigungsliste aktualisiert.

In unserem Beitrag vom vergangenen Samstag hatten wir Ihnen geraten, Ihre Ärzte mit Therapieberichten zu versorgen. Auch die Ärzte Zeitung sieht darin eine Möglichkeit, das ärztliche Verordnungsverhalten inhaltlich zu untermauern und schreibt: „Bestehen Sie vor einer Folgeverordnung auf einer Rückmeldung des Therapeuten! So fällt es Ihnen leichter, bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung zu argumentieren“.

Zum Herunterladen zusammengestellt haben wir für Sie:

Das „alte“ Formular als Muster für einen Bericht an den Arzt

Ein Musterschreiben für den
Antrag auf Bewilligung einer Verordnung außerhalb des Regelfalles.

Aktualisierte Liste der „Ausnahme-Kassen“ (wird ständig ergänzt).

Die Telefon und Fax-Nummern der Krankenkassen:

Betriebskrankenkassen: Die Angaben der für Sie zuständigen Geschäftsstellen der Einzelkassen erfahren Sie beim jeweiligen Landesverband.

AOK-Geschäftsstellen: Auf das Bundesland klicken und Ort auswählen.

Innungskrankenkassen: Einzelkassen können Sie beim jeweiligen Landesverband erfragen.

Peter Appuhn
physio.de

Barmbek

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