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Für Jürgen Wasem, Gesundheitsökonom an der Universität Duisburg-Essen, gibt es nur zwei Wege, das defizitäre System der gesetzlichen Krankenversicherung zu sanieren: Höhere Zuzahlungen oder Streichung von Leistungen. Ein Eintrittsgeld beim Arzt hält der Professor für sehr wirkungsvoll. Schon die bisherige Praxisgebühr hätte dazu geführt, dass die Arztbesuche um fast zehn Prozent zurückgingen, ohne dass die Gesundheit in Deutschland sich merklich verschlechterte. Die Menschen würden sorgfältiger überlegen, ob sie tatsächlich einen Arzt aufsuchen müssten. Allerdings müsse es eine bessere Härtefallregelung für sozial Schwache geben, bemerkte der Ökonom.
Höhere Zuzahlungen für medizinische Leistungen und Gebühren bei jedem Arztbesuch fordert auch Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt. Gleichzeitig solle die Zuzahlungs-Belastungsgrenze von zwei Prozent des jährlichen Bruttoeinkommens auf drei Prozent angehoben werden, sagte Hundt der "Osnabrücker Zeitung", "das ist zumutbar". So könnten drei Milliarden Euro mehr in die Kassen-Kassen fließen.
Der Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands (NAV-Virchow-Bund) sieht in den möglichen Gebührenplänen "ein reines Modell zum Abkassieren der Patienten". Die Kassenärzte würden sich dazu nicht hergeben, erklärte Maximilian Zollner, der Vorsitzende des Virchow-Bundes, "Ärzte sind nicht die Geldeintreiber der Kassen." Eine Ausweitung der Praxisgebühr auf jeden Arztbesuch potenziere die Bürokratie ins Unerträgliche.
Auch der Sozialverband Deutschland (SoVD) lehnt die Arztpraxiseintrittsgebühr "in aller Schärfe" ab. Sie sei ein Horrorszenario für alte und chronisch kranke Patienten, die sich notwendige Arztbesuche dann nicht mehr leisten können. Dies hätte zur Folge, dass sich Erkrankungen verschlimmern und die Kosten im Gesundheitswesen erst recht steigen würden.
Zweifel am Gelingen einer großen Gesundheitsreform treiben den niedersächsischen Ministerpräsidenten Wulff um. Wegen der großen ideologischen Unterschiede in der Koalition sei es offen, ob man eine Lösung schaffe oder ob es eine Fortsetzung des bisherigen Systems mit Hilfe von noch mehr Steuern gebe. Wulffs Kollege Kurt Beck aus Rheinland-Pfalz will eine Finanzreform erst einmal ausklammern: "Bevor wir darüber nachdenken, wie das Geld ins Fass kommt, müssen wir dafür sorgen, dass es dicht ist", sagte der designierte SPD-Vorsitzende dem Magazin "Focus". Vorrang hätten weitere Einsparungen durch weniger Bürokratie, mehr Wettbewerb und bessere Kostenkontrolle. Dem Kürzen will auch Vizekanzler Franz Müntefering den Vorzug geben: "Die Verhandlungsgruppen suchen ausdrücklich Wege, wie gespart werden kann", erklärte er im "Deutschlandfunk".
Peter Appuhn
zuzahlung.de
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