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Eine Scheinselbstständigkeit ist dann gegeben, wenn jemand als Selbstständiger auftritt, obwohl die Art des Beschäftigungsverhältnisses wie das eines Angestellten (abhängig Beschäftigter) ist. Scheinselbstständige sind Arbeitnehmer, so dass für sie Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt werden müssen. Das Schlimme dabei: Der Arbeitgeber kann rückwirkend für bis zu 4 (vier!) Jahre zur Zahlung des Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteils verpflichtet werden.
Folgende Merkmale sprechen für eine Scheinselbstständigkeit:
Wenn man sich nun den Mustervertrag durchliest, wird man sehr schnell feststellen, dass einem dort die Scheinselbstständigkeit sofort ins Auge springt. Das bedeutet, dass wenn die BfA diesen Vertrag in die Hände bekommen sollte, sie ein leichtes Spiel haben wird, vom Praxisinhaber die Sozialabgaben (Arbeitgeber- UND Arbeitnehmeranteil) nachzufordern. Dieser Betrag dürfte höher als die Steuernachzahlung ausfallen: Nämlich über 40% des Umsatzes!
Warum das? Schauen wir uns an was im Vertrag steht. Dort steht:
Das ist ein so eindeutiges Merkmal einer abhängigen Beschäftigung, dass die BfA sich wundern wird, warum es ihr so leicht gemacht wird.
Problemlösung: Scheinselbstständigkeit
Die o.g. Punkte, die auf eine Scheinselbstständigkeit deuten, muss der Freie Mitarbeiter widerlegen. Er sollte also wenn möglich
Das Risiko einer Scheinselbstständigkeit liegt vor allem beim Praxisinhaber, denn er müsste die Sozialbgaben rückwirkend zahlen. Deshalb ist für den Praxisinhaber wichtig, das Risiko einer Scheinselbstständigkeit auszuschließen. Zum Glück gibt es da eine sichere Methode: Der Freie Mitarbeiter lässt sich von der BfA bestätigen, dass er nicht scheinselbstständig ist. Dies ist eine sogenannte "Statusfeststellung". Dazu gibt es ein vorbereitetes Formular bei der BfA, dass der Freie Mitarbeiter ausfüllt und an die BfA schickt. Die BfA bescheinigt dem Freien Mitarbeiter dann seinen Status.
Jeder Praxisinhaber sollte immer auf einer Statusfeststellung bestehen.
Nur diese gibt ihm die Sicherheit, nicht später alle Sozialbabgaben nachzahlen zu müssen. Wenn die BfA bestätigt, dass der Freie Mitarbeiter selbstständig ist, ist das Problem der Scheinselbstständigkeit erledigt (solange sich die Voraussetzungen nicht geändert haben).Das Finanzamt
Aber nicht nur die BfA, auch das Finanzamt sieht den Freien Mitarbeiter kritisch.
Der Mustervertrag des ZVK sah vor, dass der Praxisinhaber einen Teil des vom Freien Mitarbeiter erwirtschafteten Umsatzes einbehält. Dies ist also eine Einnahme des Praxisinhabers. Die Frage war nun, wie diese Einnahme des Praxisinhabers steuerlich zu bewerten sind. Dabei spielen zwei Steuerarten eine Rolle: die Umsatzsteuer und die Gewerbesteuer.
Die Umsatzsteuer
Leistungen aus krankengymnastischer Tätigkeit sind von der Umsatzsteuer befreit. Das Urteil besagt, dass der Anteil, den der Praxisinhaber einbehalten hat (20% bei Hausbesuchen bzw. 35% in der Praxis) keine krankengymnastische Tätigkeit gewesen sei. Der Freie Mitarbeiter hat die krankengymnastische Leistung erbracht, und der Praxisinhaber hat (so wie es im Vertrag steht) einen Anteil für seine organisatorischen Leistungen einbehalten: Räume, Materialien, Abrechnung. Diese Organisationsleistung ist aber keine krankengymnastische Tätigkeit sondern eine umsatzsteuerpflichtige. Jeder könnte diese Leistungen erbringen.
Das Argument, dass nur der Praxisinhaber aufgrund seiner Zulassung die Abrechnung durchführen kann, stimmt nicht, denn jeder Nicht-Physiotherapeut darf eine Praxis führen. Zur Abrechnung mit den Krankenkassen benötigt er dann nur einen fachlichen Leiter, der die entsprechende Qualifikation (Berufsausbildung) mitbringt. Die Abrechnung würde dann der Praxisinhaber durchführen obwohl er kein Physiotherapeut ist. Also: um organisatorische Leistungen zu erbringen ist keine Qualifikation nötig, es sind keine krankengymnastischen Leistungen und Einnahmen daraus sind umsatzsteuerpflichtig.
Die Gewerbesteuer
Für Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit muss keine Gewerbesteuer bezahlt werden. Nun steht aber in dem Mustervertrag, dass der Praxisinhaber für organisatorische Aufgaben 35% einbehält. Organisatorische Aufgaben sind aber keine freiberufliche Tätigkeit, sondern eine gewerbliche und deshalb fällt Gewerbesteuer an.
In dem Urteil hat der Praxisinhaber noch Glück gehabt, denn ursprünglich wollte das Finanzamt die sogenannte "Abfärbetheorie" anwenden. Diese besagt, dass wenn ein gewisser Ertrag gewerblich ist, der gesamte Ertrag als gewerblich einzustufen ist. Das Finanzamt wollte also für den gesamten Praxisgewinn Gewerbesteuer berechnen. Das wäre rechtmäßig, wenn es keine getrennten Buchhaltungen für den gewerblichen und den freiberuflichen Betrieb gibt. Die gab es natürlich nicht, denn die Praxis wusste ja gar nicht, dass sie gewerbliche Erträge hat. Das Gericht hat aber glücklicherweise gesagt, dass es leicht möglich ist, diese Erträge auseinander zu rechnen und deshalb nur die besagten 35% der Gewerbesteuer unterworfen.
Trotzdem ist das sehr ärgerlich, denn diese Gewerbesteuer hätte er eigentlich gar nicht bezahlen müssen. Man darf nämlich eine evtl. anfallende Gewerbesteuer mit der eigenen Einkommenssteuer verrechnen. Dadurch fällt in den allermeisten Fällen keine höhere Belastung an.
Am Montag werden Lösungswege für die steuerlichen Probleme aufgezeigt.
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