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Kreis Mettmann / Düsseldorf

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Einzelpraxis, ein Auslaufmodell? Gesundheitsreform steht
Medizinische Versorgungszentren werden gefördert. Noch immer keine letzte Klarheit bei den Zuzahlungsregelungen. Fortbildungspflicht. Boni für Ärzte und Patienten.
12.08.2003 • 0 Kommentare

Billigpreise geplant

Manchmal kommt es anders....Gezielt verbreitet, der "1. Arbeitsentwurf (noch nicht mit der Leitung abgestimmt)" zur Gesundheitsreform hat das Gesundheitsministerium verlassen. Für Physiotherapeuten, Logopäden und Ergotherapeuten ist eine Veränderung wirklich überraschend, da in den "Eckpunkten" des Kompromissvorschlages und allen Stellungnahmen eigentlich gar nicht vorgesehen:
Krankenkassen können durch öffentliche Ausschreibungen Angebote von Physiotherapeuten einholen, die dann Leistungen zu niedrigeren Preisen als die bisher vereinbarten anbieten (§ 125 SGB V). Für alle anderen Therapeuten einer "Region" bedeutet dies, dass auch sie nur noch diesen (niedrigeren) Preis erstattet bekommen. Die Differenz zum bisherigen Vertragspreis müssten die Patienten bezahlen, wenn sich die Physiotherapeuten der neuen Billig-Preisvereinbarung nicht anschließen wollen. Patienten müssen allerdings den günstigeren Therapeuten auch in "vertretbarer" Zeit erreichen können (§32 SGB V).
Diese Regelungen wurden fast unverändert aus dem früheren Entwurf zum Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) übernommen. Ärzteverbände hatten in konsequenter Lobbyarbeit die auch ihnen drohenden Einzelvertragsregelungen verhindern können.

Eine Präzisierung der Zuzahlungsregelungen (wir berichteten) ist leider immer noch nicht erkennbar. Für Heilmittel wird, wie für alle anderen medizinischen Leistungen auch, eine Kostenbeteiligung von zehn Prozent, mindestens fünf und höchstens zehn Euro fällig. Der Mindestbetrag von fünf Euro soll für jede "Heilmittelanwendung" gelten. Ob hier jede einzelne Behandlung oder die ganze Verordnung gemeint ist bleibt weiter unklar.
Die Gesamtzuzahlungsleistungen sind beschränkt auf zwei Prozent des Bruttoeinkommens (abzüglich von Kinderfreibeträgen), bei chronisch Kranken ein Prozent.

Weitere Regelungen:

- Verbindliche Fortbildungsbestimmungen sollen in den Rahmenverträgen Aufnahme finden (§ 125 SGB V).

- Ärzte erhalten einen Bonus, wenn sie die vereinbarten Richtgrößen über die Verordnung von Arznei- und Heilmitteln nicht überschreiten (§ 84 SGB V).

- Der Bundessauschuss der Ärzte und Krankenkassen kann die Verordnung von Leistungen einschränken, wenn "die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind" (§ 92 SGB V).

- Therapeuten können sich mit anderen Leistungserbringern (auch mit Ärzten) zu "medizinischen Versorgungszentren" oder im Rahmen der "integrierten Versorgung" interdisziplinär zusammenschließen. Alle bisherigen Vertragshemmnisse werden beseitigt (§ 140a SGB V).

- Krankenkassen erhalten vielfältige Möglichkeiten, ihre Versicherten mit Bonusleistungen zu belohnen. Wer am Hausarztmodell teilnimmt, Prävention betreibt oder an Modellen der integrierten Versorgung teilnimmt, kann z.B. ganz oder teilweise von der Zuzahlung befreit werden. Auch betriebliche Gesundheitsförderung soll auf diese Weise unterstützt werden, Arbeitgeber kommen dann ebenso in den Bonus-Genuss (§ 65a SGB V).

- Therapeuten, die noch nicht maschinenlesbar abrechnen, müssen mit einer Kürzung ihrer Rechnungsbeträge um fünf Prozent rechnen (§ 303 SGB V).

Der "Arbeitsentwurf" wird nach Absegnung durch Ulla Schmidt am 21.08.03 der Konsensrunde zur Beratung vorgelegt, am 25. und 26.08 geben die Bundestagfraktionen ihr Urteil ab und bereits am 09.09. soll die erste Lesung des Gesetzentwurfes im Bundestag stattfinden. Am 23.09 dann die zweite und dritte Lesung, und am 26.09 wird der Bundesrat abschließend befinden. Der straffe Zeitplan lässt entscheidende Änderungen wohl kaum erwarten.

Wer wird gewinnen? Physiotherapeuten, die gemeinsam mit Ärzten ein Gesundheitszentrum gründen, können bei einer Ausschreibung den Krankenkassen am ehesten günstigere Preise anbieten. Über Mangel an Patienten werden sie nicht klagen müssen, denn diese bekommen als zusätzliches Bonbon eine Zuzahlungsbefreiung. Die politische Botschaft ist ziemlich eindeutig: vernetzte Strukturen sollen gefördert werden, Einzelpraxen müssen Nachteile in Kauf nehmen.

Peter Appuhn
physio.de


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