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Die Bedeutung der Spiegelneuronen überschätzt
Eigenes Bewegungsverhalten für die Interpretation des Anderen nicht entscheidend
03.06.2016 • 0 Kommentare

Wissenschaftler diskutieren seit Jahren kontrovers, ob Spiegelneuronen die Basis von Mitgefühl, Kultur und Sprache sind. Es handelt sich dabei um Nervenzellen, die im Gehirn beim Betrachten eines Vorganges das gleiche Aktivitätsmuster zeigen wie bei dessen Ausführung. Im Umkehrschluss würde das bedeuten, dass die Wahrnehmung durch das Ausführen einer eigenen Handlung manipuliert werden kann.

Das Max-Planck-Institut für Kybernetik hat jetzt festgestellt, dass die Spiegelneuronen für die Erkennung von Handlungen nicht ausschlaggebend sind. Ihr Fazit: Das, was wir sehen ist bedeutender für die soziale Interpretation als das eigene Bewegungsverhalten. Die Forscher aus Tübingen analysierten in ihrer Studie, durch welche Mechanismen das Gehirn eine Handlung erkennt. Ein dreidimensionaler Avatar stand dabei den Versuchspersonen per Datenbrille gegenüber.

Der Avatar zeigte zwei verschiedene Bewegungen: Einen Faustschlag und eine Begrüßungsgeste, den "Fist bump", der vor allem unter männlichen Jugendlichen üblich ist. Die Versuchspersonen sollten lediglich entscheiden, ob ihnen gerade ein aggressiver Faustschlag oder eine nett gemeinte Begrüßung präsentiert wird. Dabei wurden die Gesten von den Forschern zu einer Bewegung verschmolzen, sodass es reine Interpretationssache für die Probanden war, welche Absicht hinter der Bewegung steckt.

Nun kam die eigentliche Fragestellung: Lassen sich Menschen bei der Deutung von Handlungsabläufen anderer tatsächlich durch ihr eigenes motorisches System beeinflussen?

Die Teilnehmer der Studie wurden auf verschiedene Weise manipuliert. Erst einmal beobachteten sie auf einer Leinwand eine klar zu erkennende Handlung in einer Endlosschleife. Gleichzeitig wurden sie selbst aktiv und führten zum Beispiel Schläge in der Luft aus. Anschließend sollten sie die undefinierbare Bewegung des Avatars deuten.

Der Einfluss des Motorsystems schlug sich, anders als vermutet, kaum auf die Einschätzung der Versuchsteilnehmer nieder. Wurden die Sinnesreize gar klar gegeneinander ausgespielt - sah also der Proband beispielsweise einen Fist bump, während er selbst einen Faustschlag simulierte - ging der visuelle Eindruck als klarer Sieger hervor.

"Anders als bisher angenommen ist der Einfluss der Spiegelneuronen auf die Deutung einer Handlung nicht besonders groß. Die visuelle Wahrnehmung ist nämlich sehr viel wichtiger für unser Gehirn. Wir verlassen uns auch in sozialen Situationen fast ausschließlich auf das, was wir sehen", fasst Studienleiter Stephan de la Rosa die Ergebnisse zusammen.

Ul.Ma / physio.de

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