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Das bedeutet nicht, dass es das KISS-Syndrom nicht gibt. Dass aber so viele Kinder plötzlich diese Diagnose haben, folgt oft dem gleichen Verbreitungsmuster: Eine Mutter sagt es der nächsten, schürt Verdachtsmomente und Hoffnungen. Danach kommt das Kind zu spezialisierten Behandlern und wenn man einen Hammer hat, wird jedes Problem zum Nagel. Nutzen Diagnose und Therapie nichts, gibt es im Schulkindalter noch ADHS, ein weiterer gern genommener Befund, wenn das Kind den gesetzten Normen nicht zu 100 Prozent entspricht. In Verruf kommen dann aber leider auch gerade die, die wirklich unter ADHS leiden.
Modekrankheiten sind wiederum kein neues Phänomen. Im 16. und 17. Jahrhundert hatte die „Gebärmuttererstickung“ ihren Höhenflug. „In manchen Arztpraxen war die Gebärmuttererstickung die häufigste Diagnose überhaupt“, erläutert der Medizinhistoriker Michael Stolberg in seinem Buch „Gelehrte Medizin und ärztlicher Alltag in der Renaissance“. Schon seit der Antike diskutierten Fachleute diese vermeintliche Erstickung. In alter Vorstellung wandert der Uterus nämlich durch den Körper und bringt die Frauen um Verstand und Bewusstsein. Ohnmachtsanfälle, Herzdruckgefühle, Herzrasen – alles ein klarer Fall für Myriaden therapeutischer Maßnahmen in der Schoßregion.
Der Hofstaat bei Ludwig XIV. litt unter der „Vapeurs“, eine Unpässlichkeit, die besonders Sensible heimsuchte. Nur die vermeintlich groben Klötze waren davon nicht betroffen. Vor dem Ersten Weltkrieg dominierte die Neurasthenie, die Nervenschwäche. Die Ursache sah man jedoch absolut im Körperlichen. Seit Sigmund Freud hat das seelische Leid Aufwind und wir leben medizinhistorisch im Zeitalter der Psyche. Durchschnittlich fehlte im Jahr jeder Versicherte drei Tage bei der Arbeit wegen psychischer Erkrankung. Das berichtet der DAK-Psychoreport 2021. „Wir haben Zeit, uns mehr mit uns zu befassen – und wir vereinzeln auch mehr“, sagt die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Michelle Hildebrandt. Sie ist die Autorin des Buches „Patientenfänger“ und geht davon aus, dass zahlreiche psychische Leiden öfter diagnostiziert oder von vermeintlich Betroffenen vermutet werden, als sie tatsächlich auftreten.
Burn-out klingt besser als Erschöpfung und hat den Nimbus des Leistungsorientierten und nicht das Stigma einer Depression. Autismus vermuten viele bei sich oder ihren Kindern, weil diesem Krankheitsbild die Hochbegabung anhaftet und soziales Unvermögen entschuldigt. Eine Modeerkrankung macht es möglich, sich aus der Mittelmäßigkeit zu erheben. Aber: ADHS, Depression und Autismus sind sehr schwere Erkrankungen und gehen mit fürchterlichem Leidensdruck einher. Wer sie wirklich hat, will sie nicht.
Neben dem KISS-Syndrom begegnet man auch in der Physiotherapie „Diagnosewellen“. Früher hatte jeder Rückenpatient „Bandscheibe“, irgendwann aus Hilflosigkeit ersetzt durch „Lumbalgie“, danach war die Blockade im ISG Schuld. Erst in den letzten Jahren setzte sich ein multifaktorieller Ansatz durch. Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Es gibt Bandscheibenvorfälle und ISG-Blockaden, aber wenn plötzlich auf jedem zweiten Rezept dasselbe steht, kommt der Therapeut schon mal in Grübeln – und das mit Recht.
Häufig findet sich die gängige Modeerkrankung als eine Reaktion auf ein Sammelsurium von Symptomen wie Erschöpfung, Reizbarkeit, diffuse Schmerzen, Bauchgrimmen und Schlafstörungen. Der Mensch sucht nach dem einen, wahren Grund, die eine Ursache, die er für alles verantwortlich machen kann. Eine Diagnose hat Vorteile. Sie bringt Akzeptanz bei Mensch und Umwelt. Eine Diagnose bringt Achtsamkeit, sie beruhigt und entlastet den Patient. Der Vorteil, wenn die Krankheit Karriere macht: Sie wird besser untersucht, und es entstehen mehr Therapieangebote. Natürlich entstehen aus ihr auch ganze Wirtschaftszweige. Pharmaindustrie, Heilpraktiker, Ausbildungsgänge, Ärzte und auch Heilmittelerbringer profitieren, sowohl inhaltlich als auch finanziell.
Manchmal ist es aber auch umgekehrt und eine Branche erfindet oder befördert ein Trendleiden. Unter dem Deckmantel der „Disease-Awareness-Kampagnen“, machen Pharmagiganten auf Krankheiten aufmerksam, die noch gar keine sind. Diffuser Kopfschmerz? Sofort zum Arzt und das Werbeportal eines Migränemittels inklusive mitgeliefert. „Nicht selten wird Gesundheit zu Krankheit umetikettiert“, sagt die Fachärztin Hildebrandt. Krankheitserfindung, das „Disease Mongering“, ist das große Geschäft.
Kommt zu dieser Kampagne noch die Angst dazu, dann schießen die Modediagnosen durch die Decke. Früher hatten die Leute die Eisenbahnkrankheit, zu schnell war der Zug für den Körper. Heute spüren viele Symptome durch Strahlen, sind elektrosensibel und auch die Detoxbranche boomt. Ganz neu im Angebot und der brandaktuellste Trendsetter unserer Zeit: der Impfschaden. Er dominiert nicht nur in deutschen Physiotherapiepraxen, sondern alles, was die Gesundheitsbranche hergibt. Er ist inzwischen vermeintlicher Grund Nummer eins für Steifigkeit, Knieschmerzen, Kopfweh und natürlich – siehe oben – Erschöpfung, Reizbarkeit, diffuse Schmerzen, Bauchgrimmen und Schlafstörungen. Jedes Trendleiden hat seinen wahren Kern, die inflationäre Diagnostizierung schadet aber den tatsächlich Betroffenen.
Ul.Ma. / physio.de
Bibliographie der erwähnten Bücher:
Michael Stolberg
Gelehrte Medizin und ärztlicher Alltag in der Renaissance
De Gruyter Oldenbourg, 1. Auflage
29,95 Euro (Taschenbuch)
ISBN-13: 978-3110707328
Michelle Hildebrandt
Die Patientenfänger: Wie man uns Krankheiten einredet
Hirzel, S., Verlag; 1. Auflage
18,00 Euro
ISBN-13: 978-3777628691
DiagnostikBuch
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