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Dem Gehirn bei der Arbeit zuschauen
Bonner Neurologen erforschen Zusammenspiel zwischen Sensorik und Motorik. Therapieeffekte auf dem Prüfstand.
22.10.2007 • 0 Kommentare

Professor Dr. Henning Boecker leitet die neue Arbeitsgruppe für "Klinische Funktionelle Neurobildgebung" an der Radiologischen Klinik des Universitätsklinikums Bonn. Im Rahmen der kürzlich von der Firma Philips gestifteten Professur geht der 40-jährige Neurologe dem komplexen Zusammenspiel zwischen Sinneswahrnehmungen und der Steuerung von Bewegungsabläufen im Gehirn auf den Grund.

Das Gehirn ist in seinem Wechselspiel mit der Umwelt viel leistungsfähiger als die besten Computer oder Roboter. "Doch wir verstehen - selbst bei alltäglichen Aufgaben - bisher nur sehr wenig von dem komplexen Zusammenspiel zwischen den verschiedenen Hirnarealen", sagt Professor Boecker. Der Bonner Forscher möchte dem menschlichen Gehirn mittels modernster bildgebender Verfahren eines seiner vielen Geheimnisse entreißen: Wie steuert der Kopf die für unsere Alltagsabläufe so wichtige Motorik? Die Fingerbewegungen beispielsweise beim Klavierspielen sind genau aufeinander abgestimmt. Doch wie koordiniert unser Gehirn das zeitliche und räumliche Zusammenspiel, und welche Hirnregionen entscheiden über das "Wann" und "Wie" solcher Präzisionsbewegungen? Zudem erforscht er, welchen Einfluss akustische Sinnesinformationen auf die Steuerungsprozesse haben und wie das Gehirn erlernte motorischer Abläufe auf sich rasch ändernde Umweltbedingungen oder neue Zusammenhänge anpasst.

Ausgehend von ganz alltäglichen Beobachtungen legt Professor Boecker auch ein Augenmerk auf verzwickte Bewegungsvorgänge, die ein erhebliches Maß an Planung und Voraussicht erfordern. Ein Mensch möchte beispielsweise einen Fisch im glasklaren Wasser fangen. "Sein Gehirn muss dabei in der Planungsphase sowohl die weitere Vorwärtsbewegung des Fisches vorhersehen, als auch die Lichtbrechung an der Wasseroberfläche mit einkalkulieren. Nur so hat er eine Chance, den Fisch zu erbeuten", sagt Professor Boecker.

Aus solchen Beobachtungen entwickeln er und seine Mitarbeiter ausgeklügelte Experimente, die Testpersonen in Untersuchungsreihen ausführen. Dabei kommt es zu einer verstärkten Durchblutung der beteiligten Hirnregionen. Dies nutzt die so genannte funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT), eines der wichtigsten Werkzeuge in der Hirnforschung, zum indirekten Nachweis von Nervenzellaktivitäten im Gehirn aus. Denn die dadurch auftretende lokale Änderung des Sauerstoffgehaltes im Blut kann als Änderung der Bildintensität, des so genannten BOLD-Kontrasts, gemessen werden. "Wir schauen dem Gehirn also quasi bei der Arbeit zu", sagt Professor Boecker.

Durch solche Untersuchungen erhofft sich der Bonner Hirnforscher auch langfristig ein besseres Verständnis von Erkrankungen wie Parkinson, Tremor oder Dystonien, bei denen es zu Störungen der motorischen Abläufe kommt. Bei Parkinson-Patienten beispielsweise kommt es aufgrund eines Mangels an Dopamin, einem wichtigen Botenstoff im Gehirn, zu einer Hemmung wichtiger Hirnregionen für die Bewegungsplanung und -steuerung. Solche Aktivitätsminderungen können mittels moderner Bildgebungsverfahren erfasst und so die Effekte verschiedener Therapien untersucht werden.

"In der Kombination der Methoden wie funktionellen Magnetresonanztomographie und Positronen-Emissions-Tomographie liegt ein besonderes Potential. Durch die hervorragende Infrastruktur am Bonner Universitätsklinikum hat meine Arbeitsgruppe Zugriff auf die modernsten Geräte, bis hin zum 3 Tesla MR-Tomographen. Zudem arbeiten wir eng mit der Nuklearmedizin, Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie zusammen", sagt Professor Boecker. Seine Funktionseinheit kooperiert zudem interdisziplinär im Rahmen anderer Forschungsprojekte, wie zum Beispiel der Schmerz- und Emotionsverarbeitung sowie den Suchterkrankungen und Demenzen.


Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

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