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Gesetze, Verträge und „Empfehlungen" regeln die Beziehungen zwischen gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) und Leistungserbringern. Schon lange bevor der Begriff „Qualitätsmanagement" sich anschickte, durch die Einrichtungen des Gesundheitswesens zu flirren, sind dort Bestimmungen zur Qualität niedergelegt.
Das Sozialgesetzbuch V (SGB) thront als gesetzlicher Überbau über den Teilnehmern am System GKV. In den allgemeinen Grundsätzen des SGB V wird unter der Überschrift „Qualität, Humanität und Wirtschaftlichkeit" betont, die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig, wirtschaftlich und in „fachlich gebotener Qualität" erbracht werden (§70). Näher erläutert wird dieser hohe Anspruch im Kapitel „Sicherung der Qualität der Leistungserbringung". Ärzte, Therapeuten, Krankenhäuser und alle anderen Beteiligten müssen ihre Leistungen am Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse orientieren, heißt es da (§135a).
So weit, so schön, aber: „Stand der Wissenschaft", „wirtschaftlich", „ausreichend", „zweckmäßig", da kann man doch zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen soll deshalb die Einzelheiten bestimmen. Arzt- und Zahnarztbehandlung, Krankenhausbehandlung, Früherkennung oder Rehabilitation, kein Bereich, der nicht vom Ausschuss geregelt wäre. Mit Heilmittelrichtlinien und – katalog hat der Bundesausschuss ein Regelwerk verfasst, das in seiner strikten Bestimmtheit bisher einzigartig ist. Kein anderer Leistungsbereich ist so konkret und umfassend geregelt. Der Heilmittelkatalog legt die „verordnungsfähigen" Heilmittel fest, deren Zuordnung zu Indikationen und bestimmt die maximale Zahl der möglichen Behandlungen. Neue Heilmittel werden in den Katalog aufgenommen, wenn der therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit nachgewiesen werden. Petö und Hippotherapie sind zwei Behandlungskonzepte, die gerade vom Ausschuss bewertet werden. Physiotherapeuten können über ihre Berufsverbände Einfluss auf Wohl und Wehe neuer Therapiemethoden nehmen. Stellungnahmen der Verbände müssen in die Entscheidungen des Bundesausschusses einfließen. Die gerade vorgestellten Kompromisspläne zur Gesundheitsreform sehen auch Mitwirkungsrechte für Patientenorganisationen vor.
Als Unterfutter des SGB erlassen die Spitzenverbände der Krankenkassen Rahmenempfehlungen, auf deren Grundlage Kassen mit Therapeuten oder Berufsverbänden Rahmenverträge vereinbaren, konkrete Handlungsanweisungen für den Alltag. Qualität ist der Faden an dem die Regeln und Bestimmungen aufgehängt sind. Die aktuellen Rahmenverträge orientieren sich dabei an diesen Qualitätskategorien:
- Strukturqualität: Personelle (z.B. staatliche Anerkennung), räumliche (Größe der Behandlungsräume usw.), sächliche (z.B. Bälle, Liegen, Keulen), organisatorische (etwa: Karteikarten, Terminbuch) Voraussetzungen.
- Prozessqualität: Die auf der Heilmittelverordnung festgelegte Therapie muss angewandt, die Diagnose beachtet werden. Der Therapeut muss das Therapieziel und die Belastbarkeit des Patienten im Auge behalten. Der Behandlungsverlauf muss dokumentiert werden, und der Heilmittelerbringer muss mit dem verordnenden Arzt kooperieren.
- Ergebnisqualität: Ist das Therapieziel erreicht? Das Behandlungsergebnis soll mit der ursprünglichen Leitsymptomatik verglichen werden. Ein wichtiges Kriterium ist auch das subjektive „Befinden" und die Zufriedenheit des Patienten.
Auch wenn manch einer es nicht ahnt, schon durch die Beachtung der bisherigen gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen betreiben niedergelassene Physiotherapeuten, Logopäden und Ergotherapeuten ein gehöriges Stück Qualitätsmanagement.
Neben den hier beschriebenen Vorgaben des SGB V, der Rahmenempfehlungen und –verträge gibt es keine gesetzlichen Regelungen. Vorschriften zu Qualitätsmanagementprogrammen und Zertifizierungen sind nicht Inhalt von Gesetzen und Verträgen.
Ein besonders wirkungsvolles Verkaufsargument wäre es schon, wenn da doch eine gesetzliche Bestimmung zu finden sei, mögen nicht wenige der Managementanbieter gedacht haben. Mit einem Trick haben sie sich die gesetzliche Vorgabe gezimmert.
Die Gesundheitsministerkonferenz (die Fachminister aller Bundesländer) empfahlen auf einer Sitzung im Jahr 1999, dass alle Einrichtungen des Gesundheitswesens bis zum 1. Januar 2005 "ein an dem Stand der Wissenschaft und Technik orientiertes Qualitätsmanagement" einführen sollten. Rechtliche Auswirkungen hat diese Empfehlung überhaupt keine, Länderminister können keine entsprechenden Gesetze erlassen. Die Ministerrunde selbst bezeichnet ihre Beschlüsse als „nicht bindend".
Die clevereren Zertifikatsfirmen machen aus der völlig unverbindlichen Empfehlung flugs eine Gesetzesankündigung. Qualitätsmanagement muss sein, argumentieren sie, im Jahr 2005 würde es Vorschrift werden. Diese unlauteren Verkaufsmethoden haben nicht wenige Physiotherapeuten verunsichert.
Wie es um die Qualität der Qualitätsanbieter bestellt ist, mag man auch daran messen, dass sie die Empfehlung auch noch verkürzt wiedergeben. „Mit den jeweiligen Spitzenorganisationen abgestimmt und bundeseinheitlich vorgegeben" sollte nach Meinung der Ländergesundheitsminister Qualitätsmanagement geregelt werden.
Diesen bedeutsamen Satz erwähnen die Qualitätsstrategen lieber nicht. Zum Verkauf ist er auch denkbar ungeeignet, denn wer mag heute schon wissen, was vielleicht morgen Gesetz wird?
Kommen Sie wieder hierher, am nächsten Samstag? Da gibt es die fünfte Folge unserer Sommerserie.
Peter Appuhn
physio.de
GesetzPetö
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