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Ändern, verschieben – Gesundheitsreform zerbröselt
Bundesrat und Koalitionsabgeordnete stellen Teile der Reform in Frage.
29.11.2006 • 0 Kommentare

Auf glattem Boden rutscht die Gesundheitsreform auf ihrem weiten Weg zum Gesetz. Nach der ersten Lesung im Bundestag müssen die Reformpläne am 15. Dezember im Bundesrat die nächste Hürde nehmen. Die Länderkammer will den Gesetzentwurf nicht einfach durchwinken. Zahlreiche Änderungen hat der Gesundheitsausschuss des Bundesrats zusammengetragen. Übergehen kann die Regierung die Einwände der Bundesländer nicht, das Gesetz ist zustimmungspflichtig. Auch in den Reihen der Koalitionsabgeordneten wird der Ruf nach Veränderung der umstrittenen Reform lauter. Verschieben scheint die Devise für manch eine ungeliebte Gesetzesregelung zu sein.

Gerade haben sie dem Entschuldungszwang für die Krankenkassen zugestimmt, und schon wird es den Experten im Länderoberhaus mulmig. Um ein Jahr verzögert werden sollte die Frist zum Abbau der Schulden. Nur so könne man kräftige Beitragserhöhungen vermeiden, heißt es in dem Antrag des Bundesratsausschusses. Ebenfalls ein Jahr später in Kraft treten lassen will der Bundesrat die Neuregelungen für die private Krankenversicherung (PKV). Die geplante Einführung eines Basistarifs und die Übertragbarkeit von Altersrückstellungen müssten gleichzeitig mit dem Gesundheitsfonds im Jahr 2009 wirksam werden.

Nicht nur verschieben wollen die Bundesländer die vorgesehene PKV-Reform. Sie verlangen auch grundsätzliche Akzentverschiebungen. Statt der geplanten Begrenzung des Basistarifs auf den GKV-Höchstbeitrag sollte keine Obergrenze festgelegt werden, beschloss der Gesundheitsausschuss. Auch die Festlegung eines Maximalbetrags für Ehepaare von 150 Prozent des GKV- Höchstbeitrags dürfe nicht umgesetzt werden, heißt es. Eingeschränkt werden sollen die Unterstützungsmöglichkeiten für zahlungsunfähige Basistarifversicherte aus Mitteln der Sozialkassen.

Die Koalitionspläne sehen vor, dass der Beitragssatz künftig für alle gesetzlichen Krankenkassen bundesweit einheitlich von der Regierung vorgegeben wird. Eine Zustimmung des Bundesrats ist nicht vorgesehen. Das wollen die Länder nicht hinnehmen und eine Beteiligung durchsetzen.

In einer siebenstündigen Klausursitzung verständigten sich die SPD-Gesundheitsexperten auf einen Änderungskatalog. Bauchschmerzen bereitet ihnen die auch von Krankenkassen und Ärzteverbänden abgelehnte Insolvenzregelung für die gesetzlichen Kassen. Müssten die Versicherungsunternehmen die zugesagte Altersvorsorge für ihre Mitarbeiter nach dem Handelsrecht bilanzieren, könnten viele Krankenkassen zur sofortigen Insolvenz verdammt sein. Die Sozialdemokraten überlegen jetzt, die Fristen beim Insolvenzrecht zu verlängern. Jedoch sei es nicht so, dass Leistungserbringer um ihre Honorare fürchten müssen, betonten die Politiker. Denn der zuständige Kassenverband sei verpflichtet, für die Verbindlichkeiten aufzukommen. Woher der Dachverband allerdings das Geld nehmen soll, wenn eine große Zahl seiner Mitgliedskassen in der Pleite steckt, haben die Abgeordneten nicht verraten.

Wer nicht regelmäßig an Vorsorgeuntersuchungen teilnimmt, verwirkt in Zukunft das Recht auf die einprozentige Belastungsgrenze für Zuzahlungen, sollte er chronisch krank werden. Diese im Gesetzentwurf vorgesehene Regelung wollen die SPD-Experten so nicht stehen lassen. Der gemeinsame Bundesausschuss solle deutlicher bestimmen, welche Früherkennungsmaßnahmen für welche Erkrankungen sinnvoll sind.

Nun müssen die Änderungsvorschläge mit dem Koalitionspartner abgestimmt werden. Die Unionisten aber haben ganz andere Vorstellungen zum Reformwerk. Sie wollen beispielsweise den Bundesratsplan unterstützen, die PKV-Regelungen zu verschieben. Es werden wohl noch einige Wasser durch die herbstliche Spree rauschen, bis ein konsensfähiger Gesetzentwurf im Bundestag verabschiedet werden kann.


Peter Appuhn
zuzahlung.de







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